Historische Gewächshausanlage der Universität Greifswald gerettet

Gewächshäuser nach der Sanierung, © Jan Meßerschmidt, 2022
Gewächshäuser nach der Sanierung, © Jan Meßerschmidt, 2022
Ansicht der eingehausten historischen Gewächshausanlage während der Sanierung, © Thoralf Weiß, April 2020
Ansicht der eingehausten historischen Gewächshausanlage während der Sanierung, © Thoralf Weiß, April 2020
Innenansicht des Palmenhauses während der Erdarbeiten. © Thoralf Weiß, Dezember 2020
Innenansicht des Palmenhauses während der Erdarbeiten. © Thoralf Weiß, Dezember 2020

Im Jahr 2014 mussten die Gewächshäuser aufgrund statischer Bedenken gesperrt werden. Im selben Jahr wurde die Anlage allerdings auch als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft, da die Konstruktion weitgehend erhalten geblieben war und es nur noch sehr wenige historische Großgewächshäuser in Deutschland gibt. Damit war es auch möglich, für eine denkmalgerechte Sanierung Fördermittel des Bundes (1,36 Mio. Euro) und des Landes (mehr als 2,6 Mio. Euro) zu erhalten. Neben Eigenmitteln der Universität Greifswald in Höhe von 350.000 Euro flossen auch Mittel der Katharina und Gerhard Hoffmann Stiftung (Hamburg) sowie von Greifswalder*innen und Besucher*innen in die Sanierung. Besonders beeindruckend war das Engagement der Studierenden, die weitere Mittel über eine Crowdfunding-Kampagne einwarben. Insgesamt beliefen sich die privaten Spenden auf ca. 120.000 Euro.

Im Jahr 2019 konnte mit der umfassenden Sanierung begonnen werden. Dazu mussten zuerst die Pflanzen über Stecklingsvermehrung in kleinere Exemplare umgewandelt werden, bevor sie in ihre zeitweiligen Quartiere im Subtropen- und Wasserpflanzenhaus umziehen konnten. Einige nicht verpflanzbare Exemplare mussten die Bauzeit unter einer Extra-Einhausung an Ort und Stelle überstehen. Da das Subtropenhauses nun teilweise anderweitig belegt war, musste ein Teil der Kübelpflanzen, die ihr eigentliches Domizil während der Wintermonate dort haben, in eine Gärtnerei nach Rostock ausgelagert werden.

Schließlich wurde die historische Anlage komplett eingehaust, entglast, gesandstrahlt, neu beschichtet, stark verrostete Bereiche ersetzt und zusätzliche Aussteifungen zur Erhöhung der Stabilität angebracht. Da für eine Thermoverglasung die Statik und der Sprossenaufbau hätten verändert werden müssen, wurde im Dachbereich Weißglas mit einer hohen UV-Durchlässigkeit verwendet. Hier hatte der Denkmalschutz Vorrang. Die unkomplizierte und wenig arbeitsintensive manuelle Steuerung wurde um eine moderne Gewächshaussteuerung ergänzt. Die originalen gusseisernen Heizungskonvektoren konnten aufgearbeitet und wiederverwendet werden. Die Sanierung des Wirtschaftsanbaus, in dem die Gewächshaustechnik untergebracht ist, sich aber auch Arbeits- und Lagerräume sowie Umkleiden und ein Sozialraum für die Mitarbeitenden befindet, gestaltete sich schwieriger als gedacht, denn die in die feuchten Gewächshauswände eingelassenen Deckenbalken wiesen vielfach Pilzbefall auf.

Seit Dezember 2021 können die historischen Gewächshäuser durch den Botanischen Garten wieder genutzt werden – sie waren 135 Jahre in ununterbrochenem Betrieb. Zwischen 1884 und 1886 wurden sie von der Greifswalder Maschinenbauanstalt und Schiffswerft Julius Kessler errichtet. Die Glasflächen waren ursprünglich doppelt verglast; die tragende Stahlkonstruktion ist vernietet. Ermöglicht wurden solche großen Konstruktionen durch die Erfindung des gegenüber Gusseisen deutlich elastischeren Puddelstahls (engl. puddle = Pfütze, der spröde machende Kohlenstoff wurde durch offene Erhitzung ausgetrieben). Der Stahl stammte aus dem Saarland, die Mauersteine aus der Ziegelei Devin bei Stralsund und Sandsteinabdeckungen aus Schlesien. Eine große beheizte Wasserzisterne ermöglichte die Kultur von tropischen Wasserpflanzen. Bis 1955 blieb die Anlage weitgehend unverändert.

„Wir möchten uns bei allen bedanken, die sich für die Rettung der Anlage eingesetzt haben, vor allem aber für die Unterstützung durch unsere Studierenden und viele Privatpersonen“, so Martin Schnittler vom Institut für Botanik und Landschaftsökologie, der sich für die Sanierung engagierte. Bei der feierlichen Wiedereröffnung wird am neugestalteten Eingang der Gewächshäuser auch eine Gedenktafel für Julius Münter (1815 – 1885) enthüllt. Der damalige Gartendirektor initiierte den Bau der Anlage und setzte sich sehr für die Verwirklichung ein.

Für die breite Öffentlichkeit werden am Samstag, 18. Juni 2022, ab 14:00 Uhr stündlich Führungen in kleinen Gruppen durch die historischen Gewächshäuser angeboten. Die Anmeldung zu den Führungen geschieht direkt vor Ort. Im Subtropenhaus des Botanischen Gartens wird gegen eine Spende Kaffee und Kuchen angeboten.

Weitere Informationen
Botanischer Garten der Universität Greifswald
Zu den Medienfotos

Ansprechpartnerin an der Universität Greifswald
Dr. Manuela Bog, Kustodin
Botanischer Garten Universität Greifswald
Münterstraße 2, 17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420 1130
manuela.boguni-greifswaldde

 

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