Anne Janette Gerlach

Studium in Greifswald
Lehramt an Gymnasien Englisch und Kunst & Gestaltung 

Aktivität im Ausland
Hochschulaustausch am Illinois College 

Zeitraum
Januar 2023 bis Mai 2023

Wieso ich ins Ausland gegangen bin?
Ich wollte schon immer reisen und verschiedene Teile der Welt sehen. Ein Auslandsaufenthalt war daher die perfekte Gelegenheit für mich nicht nur das Leben in einem anderen Land, sondern auch neue Perspektiven kennenzulernen. Nicht nur habe ich mich selbst besser kennengelernt, sonder auch viele wundervolle Menschen, die mich aus meiner Komfortzone und zum Lachen und Nachdenken gebracht haben. Das ich nebenbei noch mein Englisch- und sogar ein wenig meine Französischkenntnisse verbessern konnte war umso besser. 


“Hey, how are you?”

Das war vermutlich die Frage, die ich am häufigsten gehört habe in den USA. Zum Anfang war ich mehr als nur ein bisschen verwirrt das mich wildfremde Leute gefragt haben, wie es mir geht, aber tatsachlich wollte keiner Wissen wie es mir geht, sondern wollten einfach nur “Hallo” sagen. Das ist natürlich nur eine Erfahrung, die ich am Illinois College in Jacksonville sammeln konnte.

Da ich English auf Gymnasiallehramt studiere war es für mich naheliegend entweder nach Großbritannien oder Amerika zu gehen, um meinen Auslandsaufenthalt zu absolvieren. Ich habe mich nach einiger Recherche dann also für den Hochschulaustausch mit dem Illinois College entschieden und was soll ich sagen? Ich habe es absolut nicht bereut und habe deswegen meinen Aufenthalt um ein weiteres Semester verlängert.

Die Reise beginnt...

Im Januar 2023 ging es für mich in die USA ans College. Meine erste Station in Übersee ist Chicago gewesen, wobei der Grenzübergang extrem entspannt verlief und auch die Beamten alle superfreundlich und verständnisvoll waren. Von Chicago habe ich am Tag meiner Anreise selbst nur leider wenig sehen können, trotz dessen war die Architektur der Stadt gerade als Kunststudentin mehr als faszinierend. Vom Flughafen bin ich dann mit der Straßenbahn zur Unionstation gefahren, welche gerade im Inneren mehr als nur ein bisschen beeindruckend ist. Von dort ging es dann weiter für mich mit der Amtrak, welche man vermutlich perfekt mit der Deutschen Bahn vergleichen kann. Mit 3 Stunden Verspätung bin ich dann endlich in Jacksonville und am College angekommen. In der ersten Woche konnten wir uns zunächst mit dem Campus und Jacksonville vertraut machen. Downtown Jacksonville im Besonderen der “Square” sind wundervoll und definitiv die 20 Minuten Fußweg wert, wenn man gerade kein Auto oder eine andere Fahrtmöglichkeit zur Verfügung hat. Das Green Haven, sowie den kleinen verschlafen Buchladen, der einem in seinen Bann zieht, darf man natürlich auch nicht vergessen. Die Orientierungswoche hat auch sehr dabei geholfen mit den anderen “Neuen” in Kontakt zu kommen. Als dann auch noch die Älteren der Internationals angereist sind hat man sich relativ schnell zusammengefunden. Für mich persönlich war es recht einfach schnell Anhang und Kontakte zu finden mit denen ich meine Zeit am IC verbracht habe. Rückblickend bestand und besteht mein Freundeskreis dort sowohl aus anderen Internationals als auch heimischen Studenten. 


Studium und Leben auf dem Campus...

Der Campus ist nicht allzu groß, sodass man sich ohne Probleme zurechtfinden kann. Die meisten Studenten wohnen in den Wohnheimen, Häusern oder Apartments des Colleges selbst, welche entweder direkt auf dem Campus oder aber in unmittelbarer Nähe sind. In meinem ersten Semester habe ich in einem der Apartments gewohnt, zusammen mit einem anderen International Student, welche ca. 5 bis 10 Minuten vom eigentlichen Campus entfernt sind. Im jetzigen Semester wohne ich in Green Hall, eine der Residence Halls, direkt neben dem Campus. Fast jedes Wohnheim verfügt über eine kleine Gemeinschaftsküche und mindestens eine größere Lounge oder einen Aufenthaltsraum für die Bewohner. In den Aufenthaltsräumen könnt ihr nicht nur eure Arbeiten erledigen oder euch mit Freunden treffen, sondern auch Billard oder Spiele, die zur Verfügung stehen nutzen.

Da am Illinois College viel Wert auf ein Gemeinschaftsgefühl gelegt wird, gibt es regelmäβig freiwillige Veranstaltungen wie J-Vegas, die Glow-in-the-Dark-Party, Walk-a-Mile-in-her-Shoes, das Mini- Foodtruck Festival und natürlich die Sportveranstaltungen, die am Campus stattfinden. Tatsächlich waren wir des Öfteren bei den Basketballspielen der Blue Boys und Lady Blues, die Bezeichnungen der Sportteams, in welchem sich auch die Signature Color des Colleges widerspiegelt. Neben den diversen Veranstaltungen besteht auch immer die Möglichkeit sich in den verschiedenen Organisationen und Clubs des Colleges zu engagieren. Neben dem English Club war ich zudem Teil des Chess Club. Tatsächlich konnte ich vorher kein Schach spielen und habe es erst auf dem Campus gelernt. Gerade durch die Clubs konnte man auch leichter Kontakt zu den heimischen Studenten finden.

Während meiner Zeit am College habe ich vier Kurse besucht, welche mehrfach in der Woche stattgefunden haben. Von meinen vier Kursen konnte ich mir allerdings nur zwei Kurse anrechnen lassen, sodass ich die anderen Beiden mehr aus persönlichem Interesse heraus besucht habe. Ich kann den Education-Kurs “Multicultural Issues and Social Justice” nur empfehlen. Nicht nur werden verschiedene Probleme im Klassenraum wie Rassismus oder auch soziale Ungerechtigkeiten thematisiert, man ist auch dazu angehalten worden, sein eigenes Handeln zu überdenken. Der Kurs war für mich besonders wertvoll, da ich das dort erlangte Wissen auch in meinem späteren Unterricht in Deutschland integrieren kann und er mir gezeigt hat, welche Art von Lehrerin ich sein möchte. Dankbarerweise hat der Soziologie Kurs hier direkt angeschlossen und viele der Themen erneut aufgegriffen, sodass noch eine Vertiefung stattfinden konnte. Ebenso interessant für mich war der Kurs “Foundational Literacy”. Dieser hat die Grundlagen des Schriftspracherwerbs thematisiert und mir neue Möglichkeiten aufgezeigt, das Lernen einer Fremdsprache zu erleichtern unter Beachtung der Grundlagen der Linguistik und kindlich/jugendlichen Entwicklung. Der Literaturkurs zu amerikanischen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts war vor allem durch die Offenheit und Diskussion der zahlreichen Werke eine Abwechslung. Der größte Unterschied jedoch ist das die Prüfungsphase hier nicht am Ende des Semesters liegt, sondern sich in Midterms und Finals aufteilt. Dies bedeutet das man mindestens zwei größere Klausuren im Semester absolviert. Jedoch setzt sich die abschließende Note nicht nur aus den Klausuren zusammen, sondern basiert auch auf Anwesenheit, Mitarbeit und die Abgabe der Hausaufgaben und Hausarbeiten im Semester. Tatsächlich hat mich das Prinzip mehr an Schule als an Uni erinnert, jedoch war mein Semester trotz regelmäβiger Abgaben etwas entspannter, da die Möglichkeit bestand Noten leichter auszugleichen und man einen konstanten Lernfortschritt sehen konnte. Alle Kurse haben zudem die die Chance gegeben sich kreativ mit den Themen auseinander zu setzen. Statt eine Hausarbeit mit Literaturanalyse anzufertigen, konnte ich so eine Illustration zu Moby Dick anfertigen mit zusätzlicher Begründung der Gestaltung. Gleiches gilt für den Soziologie Kurs, in welchem wir uns am Ende des Semesters kreativ mit einem der Kurstexte auseinandersetzen sollten, wobei ein Poetry-Slam-Text entstanden ist. Als International Student habt ihr zudem die Möglichkeit auf dem Campus zu arbeiten, jedoch ist die Arbeitszeit, mit Ausnahmen, auf 10 Stunden pro Woche begrenzt. Dies liegt daran, dass die akademischen Ziele im Vordergrund stehen sollen. Man hat also definitiv die Chance eine relativ ausgeglichene Work-Life-Balance zu finden, was auch die Studierenden mit Job bestätigen können.


Food Culture zum Verzweifeln oder Lieben...

Im Großen und Ganzen muss gesagt werden, dass das Essen, dem in Deutschland sehr ähnlich ist. Das Einzige, was etwas gewöhnungsbedürftig war, ist die Tatsache das es extrem viele frittierte Angebote gibt und dass das Brot, kleiner Kulturschock für mich, absolut nicht mit unserem vergleichbar ist. Die Verpflegung hat für mich gerade am Anfang eine Herausforderung dargestellt gerade mit Hinsicht auf den Diabetes und einer Chlorallergie. Spoileralarm: Es war leichter als gedacht die Essgewohnheiten umzustellen. Was mir vorher nicht bewusst war, ist das wirklich in allen Wasserrohren Chlor ist, es sollte daher also nicht verwundern, wenn das Wasser aus der Leitung danach riecht oder schmeckt. Zum Glück gab es die Möglichkeit sich mit Wasser im Walmart einzudecken oder die Getränkeautomaten auf dem Campus zu nutzen. Das positive an der Cafeteria war das man neben Standardangeboten wie Pizza, Pasta und allerlei Frittiertem auch viele, sagen wir mal etwas gesündere Alternativen hatte. Das täglich wechselnde Menü war sehr international angehaucht. So war es nicht verwunderlich asiatische, lateinamerikanische und europäische Einflüsse, wie italienische und deutsche Gerichte zu finden. Wenn man doch nichts findet, hatte man die Option die hauseigene Sandwichbar oder Mondos, ähnlich wie Subway, zu nutzen. Mit das Beste ist zudem der campuseigene Starbucks, welcher von den Studenten kostenfrei genutzt werden kann. Selbstverständlich haben wir nicht die ganze Zeit auf dem Campus gegessen, dass wäre dann auf Dauer doch etwas eintönig geworden. Mindestens einmal pro Woche sind wir in unserer Gruppe außerhalb Essen gewesen, was ich tatsächlich auch empfehlen würde, um zumindest ein wenig Abwechslung zu erleben. Tatsächlich habe ich durch die anderen Internationals eine Liebe für die mexikanische Küche entwickelt, da wir meist bei Los Rancheros oder El Patron waren. Wobei ihr die beste Pizza vermutlich bei Leo’s Pizza findet. Soap Co. hat nicht nur die besten Sandwiches, sondern auch tolle Kaffeevariationen für euch und Holly’s Cake Bakery verzaubert euch mit Cupcakes. Falls man mal doch nicht die Cafeteria nutzen oder außerhalb essen möchte kann man auch die Gemeinschaftsküchen in den Dorms nutzen welche allen zur Verfügung stehen. Ihr solltet vorher jedoch daran denken das Walmart und Co mindestens 30 Minuten vom College fußläufig entfernt sind. Solltet ihr also selbst kochen wollen, nutzt am besten das Walmart-Shuttle am Sonntag, um euren Einkauf zu erledigen. Andernfalls könnt ihr auch Studenten mit Auto vor Ort fragen, ob sie euch eventuell fahren würden.


Meine Freizeit und Wochenendgestaltung...

War alles andere als langweilig, obwohl Jacksonville selbst nicht sehr groß ist. Wenn ich nicht gerade meine Schach-Skills verbessert habe oder mit Hausaufgaben beschäftigt war, war ich mit meinem Freunden die meiste Zeit in der HUB, ein Aufenthaltsraum in der Lincoln Hall, und hab mit ihnen über alles mögliche erzählt und hauptsächlich gelacht. Wie schon gesagt sind wir meist freitags oder samstags außerhalb essen gewesen, um ein wenig Abwechslung vom Collegealltag zu erhalten. “John Wick: Chapter 4” konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und sind nach Downtown zum Kino gefahren. Tatsächlich ein weiterer kleiner Kulturschock für mich hier, da das Popcorn salzig und nicht süß war. Und im Ernst ihr werdet kaum süßes Popcorn hier finden. Des Öfteren haben wir uns auch einfach mal für Spielabende miteinander getroffen, welche mir definitiv in Erinnerung bleiben werden aus verschiedenen Gründen. Ich habe vermutlich noch nie so viel gelacht in meinem Leben wie bei diesen Abenden. Natürlich muss man auch das Nachtleben ausprobieren, allerdings ist Trinken erst ab 21 erlaubt! Es war daher nötig immer einen Ausweis bei zuhaben, da diese so ziemlich immer kontrolliert wurden am Eingang. Die Greek-Lettered-Societies haben zudem meist an den Samstagen verschiedene Formals ausgerichtet, welche man am besten mit den FSR-Veranstaltungen/Feiern bei uns vergleichen kann. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass man sich meist schon vorher anmelden muss, wenn man teilnehmen möchte, seine “Eintrittskarte” bezahlt man dann entweder im Voraus oder aber direkt vor Ort. In die Lokale von Downtown Jacksonville kommt ihr, ohne euch vorher anzumelden. 

Warum ich meinen Aufenthalt verlängert habe...

Was mich besonders am IC begeistert hat, ist die familiäre Atmosphäre, die alle miteinander verbindet. Jeder kennt hier jeden und man versucht sich zu unterstützen, wo man nur kann, wenn nötig. Es ist daher vermutlich wenig verwunderlich, dass das IC und auch die anderen Internationals für mich zu einer “Familie” am anderen Ende der Welt geworden sind. Als ich also zu Beginn des Fall Terms wieder angekommen bin, war es, als ob man nie weg gewesen wäre, man hat sofort miteinander gelacht und Pläne für das Semester gemacht. Ein weiterer Grund für einen zweiten Aufenthalt war ebenso das Kulturleben noch besser kennenzulernen, um meinen späteren Schülerinnen und Schüler möglichst genau berichten zu können, wie es in Amerika ist und im besten Fall “Beweise” mitzubringen.

Ich kann es jedem nur empfehlen sich für einen Auslandsaufenthalt am Illinois College zu bewerben, nicht nur findet ihr dort neue Erfahrungen, sondern auch wundervolle Menschen, die ihr nicht mehr missen möchtet.


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