Auf dem Symbolbild sind Buschatabensteine mit dem Text Verantwortungsvolle Landwirtschaft zu sehen. Dahinter ist ein Feld.

Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit – Landwirtschaft auf Uni-Flächen

Im Jahre 1634 schenkte Herzog Bogislaw XIV, Herzog von Pommern-Stettin, der Universität Greifswald das Amt Eldena. Bis heute besitzt die Universität große  Waldflächen Wald, Feld und Einzelgrundstücke in Greifswald. Während der Wald durch die Universitätsförster bewirtschaftet wird, sind die landwirtschaftlichen Flächen an regionale Agrarbetriebe verpachtet.

Seit 2013 engagiert sich der Verein Greifswalder Agrarinitiative (GAI) für eine nachhaltigere Bewirtschaftung von Agrarflächen in und um Greifswald.  Der Verein ist die Plattform, auf der die Universität gemeinsam mit der Universitäts- und Hansestadt Greifswald zusammen mit 37 Landwirtschaftsbetrieben Konzepte und Standards entwickelt, verbindlich beschließt und das Bekenntnis mit Leben füllt, z.B. den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und wertvolle Biotope in der Agrarlandschaft besser zu vernetzen. Mit Informationsbesuchen bei den Betrieben der Pächter von Universitätsflächen begleitet die Universität die konkrete Umsetzungsphase.

Zum Auftakt im März 2023 besuchten Wolfgang von Diest als Leiter der Körperschaftsverwaltung der Universität und Stefan Ewert als Vorsitzender der Senatsnachhaltigkeitskommission gemeinsam mit GAI-Geschäftsführer Thomas Beil die Agrar GbR Groß Kiesow. Dieser Landwirtschaftsbetrieb, der seit vielen Jahren Uniflächen pachtet, hat zur Entstehung der Greifswalder Agrarinitiative aktiv mitgewirkt. Eines von vielen Themen des intensiven Austausches war das von der GAI 2021 beschlossene Reduktionskonzept Biodiversitätsgefährdende Stoffe und dessen konkrete Umsetzung im Betrieb.

Die Betriebsleiter Volkmar Stutz, Torsten Steinberg und Doreen Schäfer erläuterten unter anderem die Herausforderungen einer glyphosatfreien Bewirtschaftung. Unter anderem hat der Betrieb bereits vor mehreren Jahren begonnen, gezielt besonders ertragsschwache Standorte aus der Bewirtschaftung zu nehmen, um sie als Biotop, als Puffer- und Rückzugsfläche für Flora und Fauna der Natur zu überlassen. Weitere Gesprächsthemen waren die Checkliste „Integrierter Pflanzenschutz“, die Zusammenarbeit mit Naturschutzberatern, der Einsatz mechanischer statt chemischer Verfahren zur Unkrautregulierung sowie die Produktion von Bio-Zuckerrüben für die Zuckerfabrik in Anklam und die Tücken der Düngeverordnung. Die Betriebsleitung hat dies alles dokumentiert, aufbereitet und nachvollziehbar erläutert mit Hilfe von Schlagkartei, Bekämpfungsschwellen, Stickstoff-Messergebnissen und sonstigen Betriebsdaten.

Offen zur Sprache kamen auch Hemmnisse auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. So wäre es vielfach wirtschaftlich deutlich sinnvoller, die Reinigung von Erntegut zentral gleich für mehrere Produzenten vorzunehmen, gerade wenn die Gesellschaft buntere, artenreichere Felder mit mehr Beikräutern verlangt. Stattdessen werden die Landwirtschaftsbetriebe mit diesem Problem allein gelassen und die Abnehmerseite beschränkt sich darauf einfach hohe Reinheitsanforderungen vorzugeben Die Folge: Wer beim Chemieeinsatz zurückhaltender ist, läuft Gefahr am Ende auf seinem Erntegut oder hohen Mehrkosten bzw. Mindererlösen sitzen zu bleiben. Die Anschaffung entsprechender Reinigungstechnik auf Betriebsebene ist jedoch meist unrentabel. Hier könnte die Greifswalder Agrarinitiative als Zusammenschluss von Landeigentümern und -pächtern ihre Stärke in Zukunft ausspielen könnte. Der Geschäftsführer der GAI nahm die Idee als Anregung mit, getreu dem Motto der Agrarinitiative die über Betriebs- und Eigentümergrenzen hinweg für mehr Nachhaltigkeit sorgen will: kooperativ – wissensbasiert – wertorientiert – landschaftsbezogen.

Zum Hintergrund: 2018 beschloss der Senat der Universität Greifswald, die verpachteten landwirtschaftlichen Flächen der Uni im Rahmen der Greifswalder Agrarinitiative kooperativ mit den landwirtschaftlichen Betrieben nachhaltiger auszugestalten. Von einem Projekt entwickelte sich die Agrarinitiative inzwischen zu einem Verein, aus Absichtserklärungen wurden spezifische Maßnahmenkataloge und definierte Standards. Die Grundidee bleibt dabei bestehen: Stadt und Universität entwickeln als große öffentliche Landverpächterinnen gemeinsam mit den bewirtschaftenden Betrieben Konzepte für eine umweltschonendere Bewirtschaftung. Als GAI-Mitglieder setzen die Betriebe auf ihrer gesamten Betriebsfläche den GAI-Standard um, werden so überprüfbar, messbar nachhaltiger und bekommen zudem eine größere Planungssicherheit: Bei dokumentierter Umsetzung bieten die Landeigentümer Sicherheit und Unterstützung. Dazu gehört als ein wesentlicher Punkt eine ausschreibungslose, langfristige Verlängerung von Pachtverträgen. Die Vertreter der Universität waren nach ihrem Auftaktbesuch in Groß Kiesow tief beeindruckt und freuen sich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.

Ansprechpartner
Greifswalder Agrarinitiative e. V.
Thomas Beil, Geschäftsführer der GAI
Telefon 038333 85329
thomas.beilgai-evde
www.gai-ev.de