Greifswald goes International

Tanja Lösche

Studium in Greifswald

Lehramt für Gymnasien (Englisch, Geographie, Norwegisch, DaF/DaZ)

Aktivität im Ausland

Hochschulaustausch, University of Manitoba, Winnipeg, Kanada

Zeitraum

09/2024 - 12/2024

Wieso ich ins Ausland gegangen bin?

"Es gibt so viele Gründe, ins Ausland zu gehen: andere Kulturen und Perspektiven kennenlernen, internationale Kontakte knüpfen, eine Fremdsprache sprechen und ein weiteres Stück der Welt entdecken. Außerdem habe ich gehofft, mich durch so eine Erfahrung besser kennenzulernen und persönlich weiterzuentwickeln. Oder anders gesagt: Warum sollte ich nicht ins Ausland gehen?"

Teil 1: Hallo aus Winnipeg!

Ich bin Tanja, studiere im 7. Semester Gymnasiallehramt mit den Hauptfächern Englisch und Geographie und mache gerade ein Auslandssemester an der University of Manitoba. In meinem Blog nehme ich euch mit in die Hauptstadt der freundlichsten Provinz Kanadas, zwischen Prärie und Seen. Ich hoffe, dass euch meine Erlebnisse dazu inspirieren, ebenfalls den Schritt zu wagen und ins Ausland zu gehen. Denn ich kann euch jetzt schon sagen: Es lohnt sich!

Zuerst einmal aber zurück zum Anfang. Da ich durch mein Lehramtsstudium zu einem Auslandsaufenthalt verpflichtet bin, stellte sich für mich nie die Frage ob oder ob nicht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich auch sonst dafür entschieden hätte. Es gibt so viele gute Gründe, eine Zeit im Ausland zu leben: Man kann andere Kulturen hautnah erleben, Fremdsprachen üben und hat genug Zeit eine Region zuerkunden, die man vielleicht schon immer mal sehen wollte. Bei einem Auslandsstudium kommen noch die vielen internationalen Kontakte und das Eintauchen in das akademische System eines anderen Landes hinzu. Das ist hier nämlich ziemlich anders als bei uns.

Kanada hatte ich als Möglichkeit lange nicht auf dem Schirm. 

Ich hatte von anderen Studierenden gehört, dass die Reise nach Nordamerika ziemlich kompliziert ist und man sich das Studium sowieso nicht leisten kann, daher habe ich mich zunächst nach anderen Optionen umgesehen. Aber der Gedanke, nach Kanada zu reisen, hat mich nicht losgelassen, also habe ich eine erneute Recherche betrieben und herausgefunden, dass über Hochschulaustausch an einigen Universitäten keine Studiengebühren anfallen. 

Also habe ich mich schließlich kurz vor knapp noch beworben und zum Glück den Platz erhalten. Die Vorbereitung konnte also losgehen. Natürlich gibt es genug zu tun vor einem Auslandsaufenthalt, aber es zahlt sich in jedem Fall aus, wenn man sich vor Ort nicht mehr um so viele Dinge kümmern muss. Ein großer Vorteil für mich war, dass ich kein Visum beantragen musste. Für einen Studienaufenthalt in Kanada bis zu sechs Monaten reicht eine einfache Einreisegenehmigung.

Als meine Abreise Ende August näher rückte, mischte sich zur Vorfreude auch eine ganze Menge Nervosität, schließlich war ich noch nie so lange so weit weg von zu Hause. Zum Glück lief aber alles reibungslos; ich hatte keine Schwierigkeiten bei der Einreise und der transatlantische Flug kam mir am Ende auch gar nicht so extrem lang vor.

In Winnipeg angekommen, war ich erstmal ein bisschen überfordert. Die Stadt sah im ersten Moment wenig einladend aus: typisch nordamerikanisch mit großen Betonbauten, breiten Straßen und natürlich ohne den Charme einer Altstadt. Generell ist hier alles eine Nummer größer als in Europa. Doch das hatte sich schnell erledigt, nachdem ich mich am ersten Tag etwas umgeschaut hatte und zum Beispiel The Forks entdeckt hatte – ein historischer Treffpunkt der indigenen Völker, der auch heute noch zu jeder Jahreszeit gut besucht ist. Dort befinden sich Grünflächen mit jeder Menge gemütlicher Sitzmöglichkeiten, Museen und eine moderne Markthalle. Das bekannteste Museum, und das Wahrzeichen der Stadt, ist das Canadian Museum of Human Rights. Es wird als eine Art Nationalmuseum Kanadas angesehen und gibt einen tiefgründigen Einblick in die nationale und internationale Geschichte der Menschenrechte. Es ist übrigens auch auf der Rückseite des Zehn-Dollar-Scheins zu sehen.

Als ich an meinem zweiten Tag auf dem Campus der UofM angekommen bin und die ersten anderen Studierenden kennengelernt habe, habe ich mich schnell wohlgefühlt. Wie soll man auch nicht, schließlich sind hier alle super offen und freundlich – typisch kanadisch eben. Neben den vielen internationalen Studierenden habe ich auch durch das Buddy-Programm schnell Anschluss gefunden.

Ich wohne, wie alle anderen Austauschstudis auch, in einem der Wohnheime direkt auf dem Campus. Man bezahlt meiner Meinung nach relativ viel für sehr einfache Zimmer und das Essen in der Dining Hall ist auch nicht unbedingt das Beste. Auf der anderen Seite lebt man aber so ein bisschen den nordamerikanischen Uni-Lifestyle – oder zumindest das, was ich mir ganz stereotypisch darunter vorgestellt habe. Zum Frühstück kann man in Hausschuhen gehen und in der Lobby trifft man eigentlich immer auf eine Person, die man kennt. Außerdem planen die Residence Advisors fast jede Woche ein anderes Event, bei dem immer viel los ist.

Das Leben an der Universität ist anders, aber auch sehr aufregend. Statt vielen kleinen Campus, wie in Greifswald, gibt es einen großen Hauptcampus, wo sich von Hörsaalgebäuden, Laboren und Bibliotheken über Cafés, Einkaufsläden und Clubs bis hin zu Sporteinrichtungen, Konzerthallen und Wohnheimen alles befindet. Dadurch kommt nie Langeweile auf. Vor allem gibt es jede Menge gemütlicher Study Areas, wo man in Ruhe arbeiten kann. Außerdem hat jede Fachschaft ihre eigene Lounge. Meine Lieblingsbeschäftigung ist es, am Wochenende die Spiele unserer Uni-Teams, der Manitoba Bisons, anzuschauen. Da ist immer gute Stimmung und auch sonst läuft hier jede zweite Person mit einem entsprechen Hoodie herum.

Was meine Kurse angeht, hat die Auswahl zum Glück gut geklappt. Ich belege zwei sprachwissenschaftliche Kurse, einen Literaturkurs und einen Kurs über kreatives Schreiben – ein persönlicher Wunsch, den ich schon lange hatte. Besonders für Englisch-Studierende findet sich natürlich eine große Auswahl. Der Arbeitsaufwand pro Kurs ist allerdings deutlich höher als ich es gewohnt war: eine Midterm-Prüfung, eine Abschlussprüfung, mehrere Essays und wöchentliche Hausaufgaben sind völlig normal. Dafür sind die Kurse aber sehr spezifisch und man kann sich die Themen raussuchen, für die man sich interessiert. Ich lerne hier viele interessante Dinge, zu denen ich in Greifswald vielleicht nicht unbedingt Zugang gehabt hätte. Und falls doch Schwierigkeiten auftauchen, gibt es jede Menge Angebote zur Studienunterstützung. Auch sonst findet man bei Fragen immer eine*n Ansprechpartner*in, egal ob im International Centre, im Residence Life Office, oder bei den Student Unions – Kanadier*innen freuen sich sehr, wenn sie helfen können.

Ich habe meine Zeit hier in Winnipeg bisher richtig genossen und freue mich auf die Wochen, die noch kommen. Beim nächsten Mal kann ich etwas mehr von der Stadt und von meinen Reisen erzählen, also seid gespannt!

Teil 2: Fortsetzung

Willkommen zum zweiten und abschließenden Teil meines Blogs. 

 

Mittlerweile bin ich wieder zu Hause in Deutschland, aber habe immer noch den Kopf voll wunderbarer Erinnerungen aus meiner Zeit in Winnipeg, von denen ich euch noch ein bisschen mehr erzählen möchte. Wie bereits angekündigt, soll es diesmal mehr um Winnipeg als Stadt zum Studieren und meine Reisen innerhalb Kanadas gehen.

Die nordamerikanische Großstadt hat ihre Vor- und Nachteile – und dabei ist Winnipeg gegenüber echten Metropolen noch vergleichsweise klein. Es stimmt, dass die meisten Städte für Autos gebaut sind und ohne kommt man auch nur schlecht von einem Ort zum anderen. Ich habe es beispielsweise nicht geschafft, mir die Seen Manitobas anzuschauen, da es dorthin einfach keine Busverbindung von Winnipeg aus gibt. Das Mieten von Autos ist kompliziert, aber nicht unmöglich und vermutlich die beste Option für eine Gruppe Studierender. Aber selbst ein Ausflug in den nächsten Nationalpark kann zum Wochenendtrip werden, denn die Wege in Kanada sind bekanntlich lang.

Trotzdem kann ich nicht sagen, dass mir in Winnipeg je langweilig geworden ist – entgegen der Vorurteile vieler Austauschstudis. Die Stadt bietet alle (multi-)kulturellen Möglichkeiten, die man sich nur denken kann: von Museen, Märkten und Festivals bis hin zu Maislabyrinthen, dem größten Indoor-Wasserfall Kanadas und Eislaufen entlang der Flüsse. Mein persönliches Highlight war auch hier wieder der Sport. Winnipeg hat aktuell im Männerbereich sowohl ein sehr erfolgreiches Eishockey- als auch ein (Canadian) Football-Team. Ich hatte vorher mit beiden Sportarten ungefähr gar nichts zu tun, aber bin während meines Auslandssemesters eine begeisterte Anhängerin geworden. Die Begeisterung der Menschen ist bereits an einem normalen Tag auf der Straße zu spüren, aber ganz besonders wird es an wichtigen Spieltagen. Die Atmosphäre bei den Spielen ist unglaublich mitreißend und nicht vergleichbar mit dem, was ich bisher in Stadien erlebt habe.

Obwohl man mit dem Bus auch in der Stadt ziemlich lange braucht, um von einem Ort zum anderen zu kommen, lässt sich doch fast alles damit erreichen. Die Zuverlässigkeit der Busse hat allerdings Lücken, besonders im Winter. Denn der ist in Mittelkanada wirklich nicht zu unterschätzen. Als ich dort war, hat es erst Ende November angefangen zu schneien, obwohl uns die ganze Zeit erzählt wurde, dass der Schnee schon im Oktober kommen könnte. Und dann bleibt er aufgrund der Temperaturen ungefähr bis März oder sogar bis April liegen. An einigen Tagen im Dezember waren es in Winnipeg unter -25° C. Ja, das ist genauso schmerzhaft, wie es sich anhört. Dabei wird es im Januar und Februar sogar noch kälter. Mit sehr vielen Schichten Klamotten kann man sich trotzdem mal für eine Weile raus trauen – schon, um solche Sachen, wie die bereits angesprochenen Trails aus Eis auszuprobieren. Aber die meiste Zeit bleiben die Menschen einfach drinnen. Dafür gibt es unter dem Campus auch ein beheiztes Tunnelsystem, sodass man im warmen Zustand zu den meisten Veranstaltungen kommt.

Um in Kanada halbwegs schnell von einem Ort zum anderen kommen, muss man leider das Flugzeug nehmen. Das ist zwar weder besonders umweltfreundlich noch besonders günstig ist, aber oft so ziemlich die einzige Wahl. Ich habe mich mit einer Freundin zusammen entschieden, einige Tage unserer Reading Week in Banff zu verbringen – dem „must visit place“ für Tourist*innen und Austauschstudis gleichermaßen. Da ich mich mittlerweile an die flachen Landschaften Manitobas gewöhnt hatte, war es unglaublich, die majestätischen Rocky Mountains zu sehen, die im November natürlich schon ein Kleid aus Schnee trugen. Banff selbst ist eine gemütliche, touristisch geprägte Stadt, die aber vor allem im umliegenden Nationalpark super viele Möglichkeiten zum Wandern, Ski fahren und jede Menge anderer Aktivitäten bietet. Natürlich stand für uns auch ein Besuch des berühmten Lake Louise auf dem Programm. Auch hier haben die zahlreichen Bilder sicher nicht zu viel versprochen. Meiner Meinung nach sieht die türkise Farbe in echt sogar noch fantastischer aus.

Unser zweiter Trip führte uns aus logistischen Gründen kurz vor unserer Rückkehr nach Toronto. Insgesamt waren wir nur ungefähr drei Tage dort und haben deswegen sicherlich nur einen Bruchteil von dem mitbekommen, was die größte Stadt Kanadas alles zu bieten hat. Und trotzdem waren wir schon ziemlich beeindruckt. Schon allein durch die Innenstadt zu laufen hat mir noch einmal ein ganz anderes Gefühl gegeben als im „kleinen“ Winnipeg. Ich muss aber auch sagen, dass ich die Freundlichkeit der Prärieprovinzen ein bisschen vermisst habe. Das bedeutet nicht, dass die Menschen in Toronto nicht freundlich sind. Aber ich denke, dass die Anonymität der Großstadt schon zu ein bisschen mehr Distanz führt. Vielleicht lag das aber auch daran, dass ich eine Cap vom „falschen“ Hockey-Verein aufhatte. An einem Tag haben wir uns ein weiteres Highlight angeschaut, dass sicherlich bei vielen auf der Bucket-Liste steht: die Niagarafälle. Die Wasserfälle selbst sind durchaus überwältigend, aber die touristische Umgestaltung des Ortes hat mir persönlich wenig gefallen. Allerdings fanden wir es sehr unterhaltsam, auf die amerikanische Seite hinüberzuschauen und zu behaupten, wir wären fast in den USA gewesen. Auf die Brücke haben wir uns dann aber doch nicht getraut.

Als ich am nächsten Tag im Flugzeug nach Hause saß, war ich um ehrlich zu sein ziemlich traurig, wenn auch nicht ganz so traurig, wie in dem Moment, in dem ich Winnipeg verlassen habe. Die Stadt und der Unicampus waren in den vorherigen Monaten wirklich zu meinem zu Hause geworden und es fiel mir schwer, all die tollen Menschen und Erinnerungen zurückzulassen. Obwohl das ja gar nicht stimmt, schließlich wird mir diese Erfahrung niemand mehr nehmen können.

Deswegen kann ich auch nur allen anderen, die mit dem Gedanken spielen ins Ausland zu gehen, dazu raten es zu tun. Es wird garantiert nicht alles genauso laufen, wie ihr euch es vorstellt, und es wird in jedem Fall eine Menge Herausforderungen geben. Aber am Ende haben auch bei mir die positiven Erlebnisse überwogen: das Entdecken einer neuen Region und ihrer Kultur, das Treffen von wunderbaren Menschen, die die Welt mit ganz anderen Augen sehen, und das Gefühl, sich persönlich weiterentwickelt zu haben. Kanada, und vor allem die University of Manitoba, kann ich euch natürlich besonders empfehlen. Mir hat es dort sogar so gut gefallen, dass ich vermutlich versucht hätte zu verlängern, wenn ich nicht schon längst mein nächstes Auslandssemester geplant hätte.

Ich hoffe, dass ihr durch meine Beschreibungen einen kleinen Einblick darin bekommen habt, wie es ist, ein Semester im Ausland zu verbringen. Und natürlich hoffe ich noch mehr, dass ich auch eure Reiselust wecken konnte. Vielleicht hören wir uns schon bald an gleicher Stelle wieder. Falls ihr noch mehr über einen Austausch an der UofM oder ein Auslandssemester generell wissen möchtet, könnt ihr euch gern per Mail bei mir melden: s-taloes@uni-greifswald.de.

Bis bald!

Eure Tanja

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