Greifswald goes international

Ina Priss

Profilfoto IP - Foto: Ina Priss

 

Studium in Greifswald

Humanmedizin (Staatsexamen)

Aktivität im Ausland

Praktisches Jahr (halbes Tertial Innere Medizin) am Cairns Hospital (Australien)

Zeitraum

November 2018 - Januar 2019

Wieso ich ins Ausland gegangen bin?

Ich träume seit dem Abi von einem längeren Auslandaufenthalt und jetzt ist der Traum wahr geworden! Ich wollte die Chance nutzen ein Land kennenzulernen, was man nicht mal eben bereist und gleichzeitig mein Englisch aufbessern. Da ist Australien eine tolle Möglichkeit!"


Januar 2019 - Drei Monate sind viel zu schnell vorbei!!!

 

Im Flieger von Cairns zurück ins nasskalte Deutschland habe ich genug Zeit, in Ruhe an diesem Bericht zu schreiben.

Nach vier Wochen Reisen durch Australien und weiteren acht Wochen in Cairns ist es nun an der Zeit ein Fazit zu ziehen.

Meine Zeit am Cairns Hospital war eine eindrückliche Erfahrung. Nach dem was ich erfahren habe kommen hier zwei Sachen zusammen, die dieses halbe Tertial recht entspannt gemacht haben. Zum einen sind die Menschen, in Australien allgemein und in Cairns ganz besonders, sehr entspannt und informell. Und zum anderen scheinen Studenten hier solche Praktika er … entspannt… angehen zu lassen. Zwischen den Zeilen ließ sich da so viel rauslesen wie, wer jeden zweiten Tag kommt ist schon ziemlich engagiert! Da wurde ich mit deutscher Pünktlichkeit und Pflichtgefühl schon manchmal schief angeschaut, wenn ich z.B. an Neujahr, Dienstplan gemäß, auftauchte!

Man kann hier eine Menge lernen, aber man muss Engagement zeigen! Es wird einfach nicht wirklich erwartet, dass ein Student aus Deutschland nach Cairns kommt um dann im Krankenhaus zu sein. Die gängige Meinung ist eher, dass man kommt um das Land kennen zu lernen und die Medizin eher Nebensache ist! Es erforderte etwas Geschick ein Gleichgewicht herzustellen, aber ich glaube am Ende habe ich es geschafft einiges über Innere Medizin zu lernen und gleichzeitig unglaublich viel von Cairns und Far North Queensland (FNQ) zu sehen und zu erleben!

Was Reisen und Erlebnisse in Australien angeht kann ich sagen das FNQ auf jeden Fall mit den bekannteren Urlaubszielen mithalten kann!

Bekannt und auf jeden Fall beeindruckend ist das Great Barrier Reef! Dank eines Anbieters von Tauch- und Schnorchel-Touren, der Volontäre mitnimmt die für die Möglichkeit zu Tauchen oder zu Schnorcheln in der Küche und beim Putzen helfen, war ich an drei Tagen zum Schnorcheln am Riff!

Aber FNQ hat noch viel mehr zu bieten! Ein Tourguide hat gemeint, man könne von Cairns aus etwa drei Monate lang Touren machen, ohne einen Tag zu wiederholen und ich bin geneigt ihm zuzustimmen. Das Hochland der Tablelands, mit wunderschönen Wasserfällen, Obstplantagen, Weideland und Wildlife-Spotting-Areas, und der Daintree Rainforest, der mit etwa 150 Mio Jahren älteste Regenwald der Welt, sind immer einen Ausflug wert.

Aber auch in der direkten, mit dem Fahrrad erreichbaren Umgebung, gibt es viel zu erleben. Mein persönlicher Favorit waren Orte wie Crystal Cascades und Stony Creek, von den Tablelands kommende kleine Flüsschen, mit niedlichen Wasserfällen und kleinen Wasserlöchern, die zum Verweilen und Baden einladen! Oberhalb des Stony Creek, im Barron Gorge National Park gelegen bietet außerdem der Glacier Rock den besten Ausblick über Cairns und ist mit ~1,5 Stunden Aufstieg durch den Regenwald zusätzlich eine tolle Möglichkeit sich sportlich zu betätigen.

Cairns ist bei Touristen aller Altersklassen und Nationalitäten beliebt, was zu einem bunten Treiben und einer Bar-, Club- und Restaurant-Szene führt, die für jeden was zu bieten hat.

Und die Aussies nehmen ihre Freizeitgestaltung sehr ernst! Es gibt eigentlich immer irgendwo kostenlose Sport- und Freizeitangebote bei denen Gäste sehr willkommen sind!

Und auch bei schlechtem Wetter gibt es einiges zu unternehmen. In Cairns selber gibt es ein sehr gutes Aquarium, was uns Unterschlupf vor den Regenmassen des vorbeiziehenden Cyclone Owen bot und wirklich einen Besuch wert ist. Cairns Zoom ist ein kleiner Tierpark unter dem Dach des Reef-Casino mit reichlich Action-Angeboten. Und auch im Umland gibt es einige Indoor-Aktivitäten.

Die Leute hier wissen, dass sie für jedes Wetter etwas anbieten müssen, wenn sie Kunden werben wollen. In meiner kurzen Zeit dort wurden gleich zwei Wetterrekorde gebrochen: Erst eine Hitzewelle mit der höchsten jemals in Cairns City gemessenen Temperatur von 42,6°C und dann der nasseste Dezember seit 1975!

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die drei Monate in Australien zu den schönsten meines Lebens gehören!!! Ich habe unglaublich viel erlebt, gesehen und gelernt, atemberaubende Orte gesehen und tolle Menschen kennengelernt. Ich kann jedem, der über einen solchen Aufenthalt nachdenkt nur aus vollster Seele zuraten.

So Gott will war das nicht mein letzter Besuch in Australien und in Cairns!!!


Dezember 2018 - PJ Innere am Cairns Base Hospital

Nachdem ich vier Wochen Zeit hatte Australien zu erkunden, begann nun am 19.11.18 der Ernst des Lebens. Mein erstes Tertial, Innere Medizin, begann am Cairns Hospital.

Am ersten Tag wurde ich von Craig, dem Senior Medical Education Officer, begrüßt und nach kurzem Besprechen des Ablaufs auf meine Abteilung gebracht und meinem Team vorgestellt. Dabei bekam ich meinen ersten Kulturschock des Tages, als ich feststellte, dass hier quasi jeder, ob Chef oder Patient, beim Vornamen angesprochen wird!

Ich verbringe die gesamten acht Wochen auf der Medical Assessment Unit (MAU) und bin Dan, einem Registrar, fest zugeteilt. Der Registrar entspricht am ehesten dem Deutschen Facharzt. Dazu kommt im Team noch ein Intern, ein Arzt in den ersten drei Jahren der Facharztausbildung, und je nach Fall ein Consultant, in etwa der Deutsche Oberarzt oder Chefarzt. Der Consultant wechselt recht oft je nach Dienstplan, der Intern etwa monatlich, weil die Interns einen relativ festen Plan an Stationen haben, die sie durchlaufen müssen. Die MAU ist für mich ein absoluter Glücksgriff!

Eine direkte Entsprechung gibt es im deutschen Krankenhaus nicht. Hier landen Patienten, bei denen ein längerer Aufenthalt vermieden werden soll. Außerdem Patienten, bei denen bei Einlieferung nicht absolut klar ist, was ihnen fehlt, oder wie man ihnen helfen kann.

Die Patienten kommen über die Notaufnahme. Alle Patienten werden zunächst von Emergency Doctors gesehen und dann an die jeweiligen Fachabteilungen weitergeleitet. Daher ist immer ein Registrar der MAU im Emergency Department (ED) um diese Patienten zu sehen und weitere Untersuchungen und die Behandlung einzuleiten. Dabei bekommt er je nach Bedarf Hilfe von Interns und Resident Medical Officers (RMO), die erfahrungsmäßig dazwischenstehen und anderen „Regs“.

Der Dienstplan sieht einen 5-tägigen Turnus vor, der mit einem Tag Aufnahmedienst im ED beginnt. Für mich ist dieser Tag super. Je nach Fall kann ich Patienten untersuchen, vorstellen und Vorschläge zu weiteren Untersuchungen und Therapien machen. Oder bei besonders interessanten oder schwierigen Fällen zuschauen und dann später durchsprechen, warum dieses oder jenes gemacht wird.

Die Patienten, die aufgenommen werden, werden dann vom Team für die nächsten drei Tage betreut. Das beinhaltet Untersuchungen und Behandlung, wobei alles was medizinisch indiziert ist auch möglich ist.

Ziel dieser Abteilung ist es Patienten möglichst schnell gründlich zu untersuchen und lange Aufenthalte zu vermeiden. Wenn das nicht möglich ist werden die Patienten am vierten Tag auf die für sie am besten geeignete Station verlegt, wobei ein großer Teil in der Zeit entlassen werden kann.

Der fünfte Tag ist dann wieder ein Aufnahmetag, wobei diesmal der Reg ein anders Team unterstützt, die Patienten also nicht für unser Team aufnimmt.

Die Fälle, die es hier zu sehen gibt, sind weit gefächert. Von relativ banalen Infekten, über eine hohe Anzahl von Diabetes-Komplikationen und Hygieneproblemen wie Krätze und Erysipel bis hin zu Tropenkrankheiten ist alles dabei.

Ein großes Problem, besonders der indigenen Bevölkerung, ist Hygiene. Die klimatischen Bedingungen, mit großen Regenmengen mit Überschwemmungen und hohen Temperaturen, sind ein Problem, mangelnde Aufklärung und fehlender Zugang zu banalen Dingen wie fließendem Wasser und Schuhen ein anderes. Außerdem sorgt die Kombination aus traditionellem Familienleben und Armut für oft recht beengte Wohnbedingungen, was die Ausbreitung von Erregern fördert. Der Unterschied zwischen den Bevölkerungsgruppen ist leider recht deutlich zu sehen.

Das Krankenhaus war für mich zunächst mal ein Schock. Die einzelnen Abteilungen sind auf die Blöcke A bis E verteilt und die Verbindung zwischen den Blöcken besteht zu einem großen Teil aus überdachten, aber sonst offenen Wegen!!! Auf die Idee würde bei uns keiner kommen, aber hier muss man eben kaum mit niedrigen Temperaturen rechnen. Und eine Lebensweisheit, die man hier schnell lernt: was nass wird… das trocknet auch wieder!

Diese recht lockere Einstellung findet man hier in so ziemlich jedem Zusammenhang. Hier wird hart gearbeitet, aber die Freizeit hat einen ebenso hohen Stellenwert. Die Leute machen ihren Job gründlich und gerne und wenn Zeit für eine Pause ist dann kann man auch mal ‘nen Kaffee trinken und über Privates reden.

Gut die Hälfte meines Aufenthalts ist um und bis hierher kann ich sagen, dass sich die Entscheidung nach Cairns zu kommen absolut gelohnt hat!


November 2018 - Ein Monat Down-Under im Zeitraffer

 

Ich habe schon seit Jahren davon geträumt für einige Zeit ins Ausland zu gehen und mit der Zusage für einen PJ-Platz (praktisches Jahr = letztes Jahr des Medizinstudiums) in Cairns, Queensland, wurde dieser Traum war. Ein halbes Tertial, also 8 Wochen, darf ich dort in die Innere Medizin.

Aber zwischen dem Ende des schriftlichen Staatsexamens am 11.10.18 und dem Beginn des PJ am 19.11. hatte ich frei. Was lag also näher, als die Zeit bis dahin in Australien zu verbringen und mir wenigstens etwas von diesem riesigen und außergewöhnlichen Land anzuschauen. Die Flüge musste ich so oder anders bezahlen und ob sich die Gelegenheit noch einmal bietet weiß schließlich keiner. Also habe ich mir ein strammes Programm zusammengestellt und bin am 18.10 losgeflogen.

Meine Reise begann im Roten Herzen Australiens in Alice Springs, von wo aus ich eine dreitägige Bustour zum Uluru, Kata-Tjuta und Kings Canyon unternahm. Dann ging es weiter über Adelaide zur nächsten Bustour, wieder drei Tage, in die Grampians und entlang der Great Ocean Road nach Melbourne. Von dort aus nach Sydney, mit einem Abstecher in die Blue Mountains, und dann die typische Packpacker-Route mit Greyhound die Küste hoch über Byron Bay, Brisbane, Hervey Bay mit Fraser Island und Airlie Beach mit den Whitsundays nach Cairns.

Wenn ich versuchen würde alle Eindrücke der Reise zu schildern könnte ich einen Roman schreiben!

Der erste Eindruck einer Wüste, wo doch viel mehr wächst und lebt als ich jemals gedacht hätte oder die schroffe Schönheit der Grampians und der Steilküste entlang des südlichen Ozeans. Die lockere, ungezwungene Freundlichkeit der Menschen und die Tatsache, dass ich in so ziemlich keinem Backpackerhostel Englisch gebraucht hätte, weil so unglaublich viele Deutsche hier sind. Die quirligen Städte Melbourne und Sydney, das dagegen fast verschlafen wirkende Adelaide und die Surfer- und Backpacker-Hochburgen entlang der Ostküste. Wandern in den Blue Mountains, surfen in Byron Bay oder Schnorcheln vor den Whitsunday Islands. Die unterschiedlichen Klimazonen, von trocken und heiß am Uluru über kalt und windig im Süden, bis zum schwül-heißen Temperaturrekkord mit 42,6° in Cairns!

Es war unglaublich schön und beeindruckend! Jedem, der über eine solche Tour nachdenkt kann ich nur zuraten.

Es war nicht alles Sonnenschein: Es ist unglaublich anstrengend und irgendwann ist selbst der tollste Anblick nur noch einer mehr.

Und Australien ist teuer. Selbst im Schlafsaal und jede Chance auf günstiges Essen, günstige Unternehmungen, günstige Unterhaltung nutzend schmelzen die Ersparnisse nur so dahin.

Aber es waren auch wahnsinnig tolle Erfahrungen, die mir keiner mehr nehmen kann!

Ich würde es wieder machen!!!

In Cairns angekommen musste ich erstmal verstehen, dass das wahre Leben mich wieder eingeholt hat und auch hier in den Tropen das PJ startet. Irgendwie ist es schwer diesen Ort mit etwas anderem als Urlaub zu verbinden.

Über den Ernst des Lebens folgt ein weiterer Bericht, wenn ich mich hier im Krankenhaus eingearbeitet habe!

Bis dahin liebe Grüße vom anderen Ender der Welt, Ina!!!


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