Greifswald goes International

Tanja Lösche

Studium in Greifswald

Lehramt für Gymnasien (Englisch, Geographie, Norwegisch, DaF/DaZ)

Aktivität im Ausland

Studium über Erasmus+, Norges Teknisk-naturvitenskapelige Universitet, Trondheim, Norwegen

Zeitraum

01/2025 – 06/2025

Wieso ich ins Ausland gegangen bin?

"Nach meinem ersten Auslandssemester war die Freude am Reisen, verschiedene Orte und Kulturen kennenzulernen und neue Kontakte zu knüpfen nur noch größer geworden. Norwegen stand schon immer ganz oben auf meiner Liste an Ländern, in die ich mir vorstellen könnte auszuwandern. Und dafür wollte ich natürlich auch mein Norwegisch auf die Probe stellen"

Hallo liebe Auslandsbegeisterte!

Ich bin Tanja, studiere im 8. Semester Gymnasiallehramt mit den Fächern Englisch, Geographie und Norwegisch und habe dieses Jahr ein Auslandssemester an der Norges Teknisk-naturvitenskapelige Universitet in Trondheim gemacht, einer schön gemütlichen Hafenstadt in Mittelnorwegen. Nach meinem ersten Auslandssemester in Kanada, zu dem ich hier auch schon einen Blog geschrieben habe, wollte ich die Möglichkeit gern nutzen, euch erneut von meinen Erlebnissen im Ausland zu erzählen. Einiges war ähnlich, vieles aber auch anders – und meine Zeit in Norwegen hat mir in jedem Fall nochmal vor Augen geführt, was für eine tolle Chance es ist, über Erasmus+ in einem anderen Land zu studieren und zu leben. Vielleicht ist es ja auch was für euch?

Alles fing mit einer Idee an...

Beginnen möchte ich aber am Anfang meines Abenteuers, genauer gesagt mit der Idee von einem Auslandssemester. Den Traum, einmal in Norwegen zu leben, trage ich schon mit mir herum seit ich mit meiner Familie vor 9 Jahren dort im Urlaub war. Damals hat mich das Land mit seiner Natur und Kultur so sehr fasziniert, dass ich wusste, ich würde irgendwann wiederkommen. Als ich in Greifswald dann endlich im Rahmen meines Studiums die Sprache von Grund auf lernen und den skandinavischen Raum durch Seminare und Feste besser kennenlernen durfte, war ich super glücklich. Und das Beste: ein Auslandsaufenthalt in Norwegen war nicht nur Pflicht, sondern laut der Erzählungen anderer Studis auch ziemlich einfach.

Tatsächlich wird am Institut für Fennistik und Skandinavistik oft für ein Studium im Ausland geworben und die Bewerbung erfolgt direkt über den Erasmus-Koordinator. In der Regel gibt es auch genügend Plätze an den Universitäten, sowohl für Studierende des Institutes als auch anderer Fachrichtungen. In Norwegen stehen z.B. fünf verschiedene Universitäten zur Verfügung. Ich persönlich habe mich für Trondheim als Standort entschieden, weil mir die Stadt damals im Urlaub gut gefallen hat und weil ich als Anhängerin des Wintersports bereits wusste, dass im Februar und März dort die Weltmeisterschaften in den nordischen Skisportarten stattfinden würden.

Meine Zusage hatte ich schon sehr zeitig, sogar noch vor der Zusage für mein erstes Auslandssemester im Herbst. Da ich allerdings mit der Vorbereitung davon erstmal alle Hände voll zu tun hatte, rückte Norwegen für eine Weile in den Hintergrund. Erst als im September die ersten Mails zur Einschreibung an der NTNU kamen, wurde ich wieder daran erinnert, dass noch ein zweites Auslandssemester auf mich wartete – die Eindrücke in Kanada hatten mich durchaus schon so sehr überwältigt, dass wenig Platz für andere Gedanken war.

Die Tatsache, dass ich nicht mehr in Greifswald war, hat die Kommunikation zum Glück nur wenig beeinträchtigt und ich konnte alle wichtigen Fragen früh genug klären. Was den Kontakt zu den Mitarbeitenden der NTNU angeht, lief es allerdings nicht so optimal. Ich musste oft zweimal nachfragen, um die Antwort zu bekommen, die ich brauchte. Damals wusste ich aber noch nicht, wie viele Austauschstudierende dort betreut wurden. Als mein Aufenthalt in Kanada schließlich zu Ende ging und ich mich mental auf die Rückkehr nach Deutschland vorbereitete, wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich gar nicht lang bleiben würde, bevor es schon wieder weiter ging ins nächste Abenteuer.

Die Abreise von zu Hause Anfang Januar fiel mir schwer.

Selbst die immer höheren Schneeberge auf unserer langen Autofahrt konnten daran wenig ändern. Und die scheinbar ewigeDunkelheit dämpfte die Stimmung zusätzlich. Als wir schließlich in Trondheim ankamen, wurde ich dennoch ein bisschen neugierig. Ich wollte wissen, wie sich meine Erinnerungen mit dem neuen Bild der Stadt zusammenfügen würden. Ich war gespannt darauf, den Dialekt der lokalen Bevölkerung zu hören. Und ich wollte natürlich wissen, wo ich wohnen würde.

Wie der größte Teil der Austauschstudis hatte ich mich für ein WG-Zimmer in Moholt studentby entschieden, dem größten und preiswertesten Wohnheim – obwohl preiswert in Norwegen immer relativ ist, denn es ist ja bekanntlich alles ein ganzes Stück teurer als in Deutschland. Es liegt ein Stück außerhalb des Stadtzentrums, ist aber mit dem Bus sehr gut an die beiden Hauptcampus angebunden. Außerdem macht es dem Namen „Studierendenstadt“ alle Ehre, denn es ist eigentlich wie ein kleines Dorf. Zwischen unzähligen kleineren und einigen größeren Wohngebäuden befinden sich nicht nur Büros des Studierendenwerkes, ein Fitnessstudio und zwei Supermärkte, sondern auch eine Bibliothek, ein Friseur, ein Kindergarten, Arztpraxen, ein Second Hand Store für Haushaltgegenstände und ein Ausleihservice für Sport- und Outdoorequipment. Der vermutlich schönste Ort ist aber Loftet, ein Treffpunkt in der zweiten Etage des Bibliotheksgebäudes, wo man lernen, Spiele spielen und Tee trinken kann, und an manchen Tagen sogar an Jam Sessions, oder Filmeabenden teilnehmen. Unterlegt wird das alles von einer total gemütlichen Atmosphäre. Auch wenn ich vergleichsweise wenig Kontakt zu meinen Mitbewohner*innen hatte, konnte ich mich über das WG-Zimmer und die unmittelbare Umgebung wirklich nicht beschweren.

Meine ersten Eindrücke

Zunächst einmal stand aber die Orientierungswoche an, die aus ein paar Meetings, einem Quizabend sowie organisierten Wanderungen mit den Mitarbeitenden des International Office bestand. Als wir uns im großen Veranstaltungssaal einfanden und dieser gerade so Platz für alle Anwesenden bot, verstand ich zum ersten Mal, dass ich niemals alle Austauschstudis kennenlernen würde, denn es waren mehr als 600. (Im Herbstsemester soll die NTNU sogar noch einige 100 mehr empfangen.) Ich fühlte mich auf einmal unglaublich klein und was bei anderen vielleicht aufmunternd wirkte, löste bei mir das Gegenteil aus: jede zweite Person, mit der ich sprach, kam ebenfalls aus Deutschland. So viel zum Thema Kontakte in andere Länder knüpfen.

Trotz den ersten Kontakten und dem vielen Schnee wollte sich nicht so wirklich ein Gefühl der positiven Aufregung und der Vorfreude auf das bevorstehende Semester einstellen. Daran änderte sich auch in den nächsten Wochen mit dem Start meiner Seminare nicht viel. Ich hatte das Gefühl, dass ich, obwohl ich versuchte mitzuarbeiten, die Inhalte der Kurse gar nicht wirklich aufnehmen konnte. Es fiel mir schwer, mich für die Hausaufgaben zu motivieren und mit anderen Studierenden ins Gespräch zu kommen. Am Nachmittag ging ich meinen Hobbies nach und erkundete die Stadt, traf mich mit Freund*innen und dekorierte mein neues Zimmer. Aber nichts davon machte mich wirklich glücklich. Dabei wollte ich doch die ganze Zeit unbedingt nach Norwegen. Hinzu kam der wahlweise graue oder nachtschwarze Himmel und mehrere Erkältungen hintereinander. Kurzum, es ging mir wirklich nicht gut.

Erst viel später habe ich herausgefunden, dass ich mental einfach noch nicht bereit für ein weiteres Auslandssemester gewesen war. In den knapp zwei Wochen zu Hause konnte ich all die Eindrücke aus Winnipeg – das ich in den ersten Wochen in Trondheim schmerzlich vermisst habe – kaum verarbeiten und schon musste ich durch den ganzen anstrengenden Prozess des Kennenlernens und Eingewöhnens einer neuen Stadt, neuen Uni, neuen Kultur und neuen Menschen noch einmal von vorne durch.

Warum schreibe ich das in meinem Blog? Zum einen würde ich nach meiner Erfahrung anderen, die die gleiche verrückte Idee haben wie ich, zwei Auslandsaufenthalte direkt aneinander zu hängen, nicht gerade dazu raten. Vor allem, wenn es euch schwerfällt, euch an eine neue Umgebung zu gewöhnen und ihr Zeit braucht, große Veränderungen in eurem Leben ausreichend zu verarbeiten. Denn ein Auslandssemester ist eine unheimlich große Veränderung. Zum anderen möchte ich damit zeigen, dass bei einem so oft als „die Zeit deines Lebens“ angepriesenen Ereignis wie einem Auslandsaufenthalt, es auch schwere Zeiten geben kann und wird. Und dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit trotzdem von den guten überstrahlt werden und diese sogar noch wertvoller machen. So war es auch bei mir.

Mein Unialltag

Nach dem holprigen Start und etwas Zeit zur Reflexion konnte ich mich irgendwann besser auf die Uni konzentrieren. Mein Campus, an dem der Großteil der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fakultäten angesiedelt war, befand sich am Stadtrand, aber nur fünf Minuten mit dem Bus vom Wohnheim entfernt. Direkt dahinter konnte man für eine Pause im Wald spazieren gehen. Der kleine Campus bestand eigentlich nur aus einem großen Gebäude im Stil einer Industriehalle, in der eine zentrale Schneise zwischen kleineren eingebauten Gebäuden hindurchführte. Das klingt vielleicht kalt, hatte aber eine familiäre Atmosphäre, die durch einen Buchladen, Essensmöglichkeiten wie ein Café, einen Kiosk und die Mensa, und vielen abgetrennten Lernräumen mit verschiedenem Mobiliar unterstützt wurde.

Meine Kurse lagen im Bereich der norwegischen Sprach- und Literaturwissenschaft. Am Anfang war ich mir nicht sicher, ob ich mit der Arbeitssprache Norwegisch klarkommen würde, schließlich finden solche Seminare in Greifswald auf Deutsch statt. Aber ich habe die Herausforderung angenommen und mich ganz gut geschlagen. In einem Kurs über den Erwerb des Norwegischen als Zweit/-Fremdsprache konnte ich sogar meine eigenen Erfahrungen mit einbringen und auch sonst war es spannend, die Perspektive von Muttersprachler*innen kennenzulernen, die selbst nordische Sprache und Literatur studieren. Zusätzlich habe ich noch ein Seminar zum akademischen und kreativen Schreiben belegt, das mich in meinem Spracherwerb nochmal deutlich weiter gebracht hat. Einen richtigen Sprachkurs konnte ich leider nicht belegen, weil für einen Aufenthalt von nur einem Semester ausschließlich Kurse auf A1-Niveau belegt werden durften, über das ich schon hinaus war. Für Austauschstudis, die noch keine Norwegisch-Kenntnisse haben, sind diese Kurse aber bestimmt sehr passend.

Leider habe ich von Freund*innen aus den beiden Fakultäten gehört, dass sie mit dem Inhalt und der Tiefe ihrer Kurse im Vergleich zu den Universitäten in ihren Heimatländern nicht wirklich zufrieden waren. Das mag daran liegen, dass die NTNU einen klaren Schwerpunkt auf technischen und naturwissenschaftlichen Fächern hat. Für diese Fachrichtungen ist die Qualität der Kurse sicher überdurchschnittlich. Von den Anforderungen her fand ich meine Seminare etwas höher als in Greifswald: pro Kurs gab es zwei bis vier verpflichtende Studienleistungen und wöchentliche Lektüren zusätzlich zu den Prüfungen. Der Druck ist meiner Erfahrung nach aber eher gering.

Social Life

Was Veranstaltungen angeht, war das Erasmus-Netzwerk, das wöchentliche Partys, Sprachcafés, Ausflüge, Workshops und nicht zuletzt Trips in andere Regionen Skandinaviens angeboten hat, bei denen man andere Austauschstudis treffen konnte, ein beliebter Anlaufpunkt. Allerdings war die Nachfrage auch so hoch, dass es meistens sehr schwer war, an Tickets für die Veranstaltungen ranzukommen. Deshalb habe ich am Ende gar nicht so viele der Möglichkeiten wahrgenommen. Als Studentin der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften hatte ich allerdings das Glück, dass wir von der Fakultät aus zwei Buddys hatten, die auch allerhand Veranstaltungen für uns ausländische Studis organisiert haben. So habe ich zum Beispiel Stadtspaziergänge gemacht, das Stricken wieder entdeckt und ein Fußballspiel von Rosenborg Trondheim gesehen. Dabei war die Atmosphäre immer richtig freundlich und auch familiärer aufgrund der überschaubaren Anzahl an Menschen.

Die Uni hat außerdem ein unglaublich breites Sportangebot, das von einer Organisation namens NTNUI auf die Beine gestellt wird. Dort findet man wirklich alles, was man sich nur vorstellen kann, darunter natürlich alle möglichen Ski- und Outdoorsportarten, aber auch Unterwasserrugby und Quidditch. Über eine Mitgliedschaft bekommt man relativ einfach Zugang zu den einzelnen Gruppen und darf mal beim Training vorbeischauen – wenn man denn erstmal den Kontakt aufgebaut hat, denn das ist die größere Herausforderung. Hier ist noch zu sagen, dass so gut wie alle Freizeitveranstaltungen in Norwegen über Facebook organisiert werden und auf anderem Weg nur spärlich Informationen verbreitet waren. Wenn man dazu wie ich keinen Zugang hat, gestaltet sich das Ganze deutlich schwieriger. Also vielleicht lohnt es sich, den Account doch nochmal zu reaktivieren.

Neben den NTNUI-Gruppen hat die Uni aber auch mehrere moderne Fitnessstudios, bei denen man eine relativ günstige Mitgliedschaft abschließen kann. Außerdem kann man Sport ja auch mit der richtigen Ausrüstung auf eigene Faust betreiben, und die bekommt man bei verschiedenen ehrenamtlich betreuten Ausleihstationen in der Stadt. Dort ist es komplett kostenlos für ein Wochenende Badmintonschläger, ein paar Ski oder ein Zelt auszuleihen, solange man alles wieder in gutem Zustand zurückbringt. Ihr seht, Bewegung, besonders im Freien, wird in Norwegen großgeschrieben und könnt euch sicher vorstellen, dass beim Verleih immer viel los war. Ich hatte meine eigenen Langlaufski von zu Hause mitgebracht, war aber sehr froh, mir dort auch ein Snowboard, Schlittschuhe und Ausrüstungen für Hüttentouren ausleihen zu können – mein persönliches Highlight des Auslandssemesters.

Denn es gibt rund um Trondheim ein ganzes Netz aus Hütten, die man für fast nichts buchen kann. Dabei reicht der Schwierigkeitsgrad von nicht weit weg vom Weg bis zu richtigen Gipfeltouren und die Größe von vier bis über 20 Betten. Die Ausstattung ist allerdings überall minimalistisch: Wasser muss aus dem nächsten Bach geholt werden, gekocht wird über der Feuerstelle oder einem Gaskocher und die Toilette ist ein kleines Häuschen mit offenem Boden. Vielleicht fühlt es sich gerade deshalb wie die ultimative Freiheit an. Dort oben in den norwegischen Bergen im Einklang mit der Natur, hatte ich das Gefühl wirklich abschalten zu können.

Neben dem Sport halten die NTNU und Trondheim noch viele weitere Aktivitäten bereit. Ich war in einem Chor, der vom Kirchenmusikinstitut geleitet wurde und der sich als echter Hotspot für Austauschstudis entpuppte. Über die Hälfte des Chores setzt sich normalerweise aus ihnen zusammen. Gewundert hat mich das allerdings kein bisschen, denn es wurden alle mit so viel Enthusiasmus und Wärme empfangen, dass es schwer war, wieder zu gehen. Oft saßen wir noch nach den Proben zusammen in einer Bar und haben heiße Schokolade getrunken und Karten gespielt. Nach unserem Konzert Ende Mai war es vielleicht am schwersten sich davon zu verabschieden, mit dieser tollen Gruppe gemeinsam zu singen.

Nicht zuletzt werben überall auf dem Campus studentische Organisationen für ihre Tätigkeiten und die Aufnahme neuer engagierter Mitglieder. Norweger*innen wird nachgesagt, dass sie zwar freundlich, aber eher distanziert sind und man schwer Kontakt zu ihnen aufbauen kann – eine Erfahrung, die ich in meiner Zeit in Trondheim auch gemacht habe. Aber hier hat man vielleicht die beste Möglichkeit dazu an sie heranzukommen. Freiwilliges Engagement wird in Norwegen fast genauso hoch wertgeschätzt wie Skifahren und viele lieben es, über ihre Projekte zu sprechen. Dabei gibt es auch keinen Bereich des Lebens, den die studentischen Organisationen nicht abdecken und die Mitglieder freuen sich immer, wenn Studierende die Initiative ergreifen und auf sie zukommen.

Bei vielen Austauschstudis war vor allem die Studentersamfundet beliebt, der wichtigste Anlaufpunkt für studentisches Leben in Trondheim. Das weithin sichtbare runde rote Haus beherbergt zahlreiche Räumlichkeiten, in denen am laufenden Band Festivals, Konzerte, Bühnenstücke, Debatten, Workshops, Partys und noch vieles weitere arrangiert werden. Langeweile kann also gar nicht aufkommen. Im Frühling fand dort z.B. Isfit statt, das größte internationale Studierendenfestival der Welt.

Ein neues Zuhause

Wie ihr sicherlich festgestellt habt, prägt die studentische Kultur das Leben in der vergleichsweise kleinen Stadt. Das war einer der Gründe, warum sie sich für mich wirklich sehr gemütlich und schnell wie mein neues Zuhause angefühlt hat. Ich habe gern Spaziergänge durch die Altstadt und das angrenzende Viertel Bakklandet gemacht, wobei auch nach Monaten die Aussichten auf die bekannte bunte Häuserfront am Fluss, die man von der alten Stadtbrücke aus sehen kann, oder die imposante Westfront des Nidarosdom noch genauso faszinierend waren wie beim ersten Mal. Was mir auch sehr gut gefallen hat, ist der kurze Weg in die Natur. Man kann mit dem Bus bis in die angrenzenden „Marka“ genannten Gebiete fahren, die im Winter ausreichend Loipen zum Langlauf und im Sommer zahlreiche Wanderwege bieten – alles bestens erhalten und ausgeschildert.

Ich hatte zudem die Chance, an zwei besonderen Kulturereignissen teilzunehmen. Zum einen war da natürlich der Grund, warum ich mich für Trondheim und keine andere Stadt in Norwegen entschieden hatte: die nordische Ski-WM, welche Anfang März auf den Sprungschanzen und Loipen des Granåsen stattfand. Ich bin seit Jahren Anhängerin des nordischen Skisportes und wollte dieses Event auf gar keinen Fall verpassen. Nicht nur, weil die WM nach Olympia das größte Event in diesen Sportarten ist, sondern auch weil Norwegen ihr Mutterland ist. Dementsprechend groß ist die Beliebtheit der Wettkämpfe. Aber die Bevölkerung hat den Anlass auch als riesiges Volksfest gefeiert, mit Ständen aller Art im Stadion, einem Mitmachprogramm für Kinder und den täglichen Medaillenzeremonien auf dem rappelvollen Marktplatz.

Ein noch größeres Volksfest bietet eigentlich nur der wichtigste Feiertag des Jahres, Norwegens Nationalfeiertag am 17. Mai. Ich war so froh im Frühling dort zu sein um diesen besonderen Tag mitzuerleben, von dem ich schon so viel im Sprachunterricht gehört und gesehen hatte – und ich wurde wirklich nicht enttäuscht. Von morgens bis abends wird im absoluten Ausnahmezustand gefeiert, getanzt und gelacht. An jeder Häuserecke hängt eine norwegische Flagge und jede Person hat außerdem eine in der Hand. Zudem tragen Norweger*innen ihre traditionelle Kleidung, die „Bunad“ genannt wird und die je nach Herkunftsregion der Person einzigartig ist. Natürlich gibt es große Umzüge, bei der die unterschiedlichsten Vereine, Organisationen und Bevölkerungsgruppen das Zusammenleben feiern. Der Rest des Tages ist allerdings Freund*innen und Familie gewidmet, mit denen man oft im Garten zusammensitzt und selbst gemachtes Essen isst.

Meine Reisen durch Norwegen

Den letzten Teil meines Blogs möchte ich noch nutzen, um euch kurz von meinen Reisen innerhalb Norwegens zu berichten. Da wir im April eine Woche Osterferien hatten, habe ich mich mit ein paar Freund*innen dazu entschieden, auf die Lofoten zu reisen. Das ist eine Inselgruppe nördlich des Polarkreises, wo die Berge scheinbar direkt aus dem Meer wachsen. Die karge, wilde und wunderschöne Landschaft hat mich schon bei meinem ersten Besuch verzaubert. Damals waren wir allerdings im Sommer dort, wenn die Sonne für ein paar Wochen nicht untergeht. Im April dagegen lag an vielen Stellen noch Schnee, der erst langsam wegtaute. Wir hatten auch nicht das beste Wetter, was leider im Urlaub an der norwegischen Westküste immer passieren kann. Die Wolken und der Nebel haben aber eine wunderbar mystische Stimmung erzeugt, die uns auf vielen Wanderungen begleitet hat.

Wir haben eine kleine Rundreise gemacht und dabei in einem Hostel, einem air bnb und einer Hütte des DNT (Norwegischer Tourismusverband) übernachtet. Vor allem letzteres ist ein wirklich guter Tipp für Backpacker*innen, da es in ganz Norwegen ein großes Netz dieser Hütten gibt und sie sowohl bestens ausgestattet als auch leicht zugänglich sind. Wenn ihr die Einsamkeit nicht so mögt, würde ich einen Besuch der Lofoten eher im Sommer empfehlen. Wenn es noch kälter ist, sind auch die Möglichkeiten für Outdooraktivitäten teilweise eingeschränkt. Aber es lohnt sich eigentlich immer!

Anfang Juni unternahm ich gemeinsam mit meiner Schwester noch einen Kurztrip in Norwegens Hauptstadt Oslo. Wie schon auf die Lofoten waren wir mit dem Zug unterwegs. Diesmal war es von der Zeit her mit den knapp sieben Stunden Fahrt aber aushaltbar. (Im April sind wir zehn Stunden gefahren plus nochmal drei Stunden Fähre). Das Zugnetz in Norwegen ist zugegeben überschaubar. Dafür ist jede Strecke ein landschaftliches Highlight und beim aus dem Fenster Schauen geht die Zeit auch schneller vorbei.

Als ich in Oslo auf den Bahnhofsvorplatz getreten bin, war mein erster Gedanke, dass ich das kleine gemütliche Trondheim vermisse. Als einzige Millionenstadt Norwegens bietet Oslo natürlich ganz andere Möglichkeiten und erinnert auf den ersten Blick an viele andere europäische Großstädte, aber der skandinavische Charme ist definitiv immer noch deutlich zu sehen. Die Nähe zum Wasser und zur umliegenden Natur erlauben es außerdem der Hektik der Großstadt ab und an zu entfliehen. Neben einem Spaziergang entlang bekannter Sehenswürdigkeiten wie dem königlichen Schloss, dem Parlament oder der Festung, haben wir natürlich den Holmenkollen besucht, wo die vielleicht architektonisch imposanteste Skisprungschanze der Welt steht, und eine mit hohem Traditionswert noch dazu. Im Schanzenturm gibt es außerdem ein sehr interessantes Museum über die Geschichte der Anlage, die Bedeutung des Skisportes in Norwegen und die bekannten Polarexpeditionen von Nansen und Co. Ein spontaner Besuch in der berühmten Oper direkt am Fjord hat sich auch sehr gelohnt.

Obwohl ich nach beiden Reisen gern nach Trondheim zurückgekehrt bin und ich mich nach den Startschwierigkeiten dort wirklich gut eingelebt hatte, war ich doch auch froh über meine Abreise Mitte Juni. Ich hatte das Gefühl, meine Zeit in Norwegen gut genutzt zu haben. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, die mich hoffentlich noch lange begleiten, ich habe die norwegische Natur in vollen Zügen genossen und ich habe meine Sprache noch ein Stück verbessert. Und nach fast einem Jahr fernab von zu Hause habe ich mich auch einfach darauf gefreut, wieder dorthin zurückzukehren. Vorher stand aber noch eine weitere Reise entlang der atemberaubenden westnorwegischen Fjorde und den noch im Sommer schneebedeckten Gebirgen im Inneren des Landes an, die ich mit meinen Eltern per Wohnmobil unternommen habe. So konnte ich noch einige dieser Highlights sehen, die ich bisher nur von Fotos kannte – die übrigens keineswegs mit dem Original mithalten können. Insgesamt kann ich allerdings nur sagen: Egal, welchen Teil Norwegens ihr erkunden möchtet, die Natur und Kultur werden euch in jedem Fall nicht enttäuschen.

Ich hoffe, mein Blog hat euch gezeigt, wie so ein Abenteuer Auslandsaufenthalt aussehen kann. Trotz der schwierigen Zeit lohnt es sich in jedem Fall, denn ihr werdet wertvolle Erfahrungen machen, an denen ihr wachsen könnt und die positiven Erinnerungen können euch danach auch nicht mehr genommen werden. Vielleicht habt ihr auch Lust bekommen?  Informiert euch über euer Institut und das International Office nach Möglichkeiten oder meldet euch auch gern bei mir falls ihr noch mehr über ein Auslandssemester oder die NTNU wissen möchtet. Schreibt mir einfach eine Mail an s-taloes@uni-greifswald.de.

Liebe Grüße!

Eure Tanja

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