Ausgangspunkt ist ein zentraler kunsttechnologischer Befund: Im ausgehenden 10. Jahrhundert begegnet man in den Goldschmiedearbeiten der Trierer Egbert-Werkstatt unvermittelt qualitativ hochwertigem Zellenwerk – einer Technik, die in nachkarolingischer Zeit keine Verwendung mehr gefunden hatte. Laut den Gesta Dagoberti war das Zellenwerk in spätkarolingischer Zeit gänzlich aus der Mode geraten. Bisher wurde sein Wiederaufleben daher ausschließlich als bewusste Karolingerrezeption im Sinne einer konstruierten Anciennität gedeutet. Der Vortrag nimmt diesen monokausalen Ansatz zum Anlass, ergänzende und alternative Erklärungsmodelle auf Basis kunsttechnologischer Befunde zu entwickeln. Im Zentrum stehen die Technik des Zellenwerks und deren Wiederaufnahme im ottonischen Reich sowie die parallele Verwendung in Byzanz. Anhand kunsttechnologischer und materialkundlicher Analysen maßgeblicher Objekte wird der kulturgeschichtlich-kunsthandwerkliche Kontext dieser Technik beleuchtet. Dabei zeigt sich, wie das Zellenwerk als Goldschmiedetechnik im mittelalterlichen Kulturkontakt zwischen Ost und West oszillierte.
Kurzvita: Isabella Schnürle ist Doktorandin am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg. Bereits während des Studiums der Europäischen und Ostasiatischen Kunstgeschichte, sowie der Neueren und Neuesten Geschichte und der Biologie spezialisierte sie sich auf den Forschungsbereich der Goldschmiedekunst. Ihre Arbeiten wurden u.a. mit dem Internationalen Sonderforschungspreis für Angewandte Kunst vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München prämiert. Sie ist als Dozentin an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig sowie der Universität Heidelberg tätig. Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Goldschmiedekunst des Mittelalters und des Art Nouveau mit besonderem Schwerpunkt auf Materialität und Werkprozessen, der interdisziplinären Forschung zwischen Kunst und Biologie in Verbindung mit transkulturellem Austausch, sowie der Kunst und Kunsttheorie der Moderne und Gegenwart.
Moderation: Rena Dyx
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