Umgang mit Prüfungsangst
Wenn Sie lernen möchten, wie Sie mit Aufregung vor mündlichen und schriftlichen Prüfungen gut umgehen können, sind Sie hier genau richtig. In dieser Sektion erfahren Sie, was nützliche Aufregung von echter Angst unterscheidet, wie Prüfungsangst entsteht und wie Sie sich davor schützen oder mit dieser umgehen können.
* An dieser Stelle noch ein wichtiger Appell: Solange Ihre Prüfungsangst im Bereich des Normalen bleibt, ist das zwar unangenehm, aber kein ernstzunehmendes Problem. Wie Sie noch lernen werden, ist ein bisschen Angst sogar gut und unterstützt Sie dabei, Ihre besten Leistungen zu zeigen. Außerdem sollen Ihnen die hier aufgeführten Tipps helfen, Ihre Sorgen einfacher zu überwinden. Sollte Ihre Angst jedoch solche Ausmaße annehmen, dass Sie psychisch und/oder physisch stark belastet sind und/oder Ihr Studienabschluss gefährdet ist, dann nehmen Sie bitte dringend professionelle Hilfe in Anspruch (siehe auch Modul: Hilfe und Unterstützung).
Angst vs. Aufregung
Angst ist zunächst einmal eine urmenschliche Emotion. Es gibt niemanden, der frei von Angst ist. Dieses Gefühl haben wir alle schon erlebt. Und das häufig auch aus gutem Grund. Angst kann nämlich lebensrettend sein. Sie hilft uns blitzschnell Gefahren zu erkennen und gegebenenfalls entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, indem wir aus der Situation fliehen oder in den Angriffsmodus verfallen. Die mit der Angst einhergehenden Körperreaktionen helfen bei der Bewältigung der bedrohlichen Situation. Die Muskeln spannen sich an, das Herz schlägt rascher, Stresshormone werden ausgeschüttet. Körper und Geist sind hochkonzentriert und leistungsbereit. Ohne Angst wäre die Menschheit wahrscheinlich schon ausgestorben.
In unserer heutigen modernen Zeit haben sich die Situationen, vor denen wir Angst haben, verändert. Wir kämpfen nicht mehr gegen Säbelzahntiger oder suchen Schutz vor Gewittern, heutzutage machen wir uns Sorgen um Geld und Arbeitsplatz, haben Angst vor Flugreisen, Zahnärzten oder dem Sprechen vor einer Gruppe von Menschen. Gegenwärtig werden also Situationen als Bedrohung erlebt, obwohl von ihnen objektiv keine unmittelbare Gefahr ausgeht, wie beispielsweise der Zahnarztbesuch. Das ist dann zwar lästig, aber erst einmal nicht dramatisch. Spätestens dann, wenn solche Ängste die Gefühlswelt dauerhafter belasten, den Alltag beherrschen und die eigene Handlungsfähigkeit einschränken, ist es Zeit, ihnen auf den Grund zu gehen und sich Unterstützung zu besorgen. In solch einem Fall befähigen sie nämlich nicht mehr zu konzentrierter Aktivität, sondern blockieren. Angstzustände bzw. Angsterkrankungen sind im Übrigen weit verbreitet. Etwa 14 bis 25 Prozent aller Menschen sind irgendwann in ihrem Leben einmal von einer Angststörung betroffen und somit zählen diese, neben den Depressionen, zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Angststörungen lassen sich im Rahmen von Psychotherapien gut behandeln. Das ist auch stark zu empfehlen, denn unbehandelte Angststörungen können sich immer mehr verselbstständigen und es kommt zur „Angst vor der Angst“ bzw. der sogenannten Erwartungsangst. Der Bewegungsradius von Betroffenen wird somit immer kleiner und sie meiden immer mehr Orte und Situationen, die potenziell angstauslösend sind.
Prüfungen sind ein fester Bestandteil unseres Lebens. Als Schüler*in und Student*in aber auch im Berufsleben kommt man um Prüfungssituationen nicht herum. Ein gewisses Maß an Angst und Nervosität vor einer Prüfung ist vollkommen normal und sogar notwendig. Dass die Erregung z. B. in Form von Angst oder Leistungsmotivation vor Prüfungssituationen – ganz unabhängig davon, ob es sich um mündliche oder schriftliche Prüfungen, einen Vortrag oder ein Vorstellungsgespräch handelt – ein wichtiger Antrieb ist, wissen wir heute dank der amerikanischen Psychologen Yerkes und Dodson.
![Grafik: Yerkes-Dodson-Law Grafik: The Yerkes-Dodson Law [x-Achse Stress], [y-Achse Performance]. [Kurve in Glockenform, höchster Punkt = “optimal Stress“ auf dem „Medium“ des Stresses]. [Linke Seite unter der Glocke mit „Good Stress“ – rechte Seite = “Bad Stress“].](/storages/uni-greifswald/1_Universitaet/1.1_Information/1.1.4_Hochschulmarketing/1.1.4.10._Uni-Fit/Yerkes-Dodsen.png)
Abbildung 1: Yerkes-Dodson-Gesetz: Angst und Leistungsfähigkeit stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander.
Diese Beiden haben sich mit dem Zusammenhang von Erregung und Produktivität beschäftigt und konnten beweisen, dass die geringste Leistung bzw. Produktivität sowohl bei geringer als auch sehr hoher Erregung aufgebracht wird. Bei mittlerer Erregung hingegen zeigen wir Menschen unser Optimum an Leistungsfähigkeit. Das bedeutet, dass Sie die Aufregung vor Prüfungssituationen mit offenen Armen empfangen sollten. Denn genau diese Erregung hilft Ihnen dabei, Ihre beste Leistung abzurufen.
Die Symptome der Erregung bzw. Angst und auch deren Niveaus sind von Person zu Person unterschiedlich. Mundtrockenheit, Taubheit in den Extremitäten, Übelkeit oder Durchfall, Herzrasen, Schwindel, Kloß im Hals und Gedankenrasen sind nur eine Auswahl an möglichen Erscheinungsformen. Solange solche Symptome nur kurz vor der Prüfung auftreten und Sie nicht darin behindern, die Prüfungssituation als solche zu meistern, sind sie ein Ausdruck mittlerer Erregung und befähigen Sie zu Ihren besten Leistungen.
Schädlich ist Ihre Aufregung vor Prüfungssituationen dann, wenn diese so stark ist, dass sie einen enormen körperlichen und/oder mentalen Stress verursacht, welcher sich negativ auf Ihre Prüfungsvorbereitung und die Prüfung selbst – also allgemein auf Ihre Konzentration – auswirkt. Das wäre dann der Fall, wenn Ihre Prüfungsangst Sie in der Phase der Prüfungsvorbereitung so sehr vereinnahmt, dass Sie sich mehr mit Ihren Angstgedanken als den Prüfungsinhalten beschäftigen oder Sie in der Prüfungssituation so gelähmt von Ihrer Angst sind, dass Sie nicht mehr klar denken können.
![Grafik Angstkreislauf Grafik Angstkreislauf [Vorheriger Aspekt führt zum jeweiligen Nachfolgendem im geschlossenen Kreis]. Schlechte Prüfungsergebnisse – Auslöser: Gedanken, Erinnerungen, körperliche Veränderung – Wahrnehmung – Gedanken (Gefahr, Ablehnung) – ANGST – Körperliche Symptome – Angst vor Kontrollverlust, Blamage – Keine Auseinandersetzung mit dem Prüfungsstoff – [Wiederbeginn des Kreises].](/storages/uni-greifswald/1_Universitaet/1.1_Information/1.1.4_Hochschulmarketing/1.1.4.10._Uni-Fit/Angstkreislauf.jpg)
Abbildung 2: Der Kreislauf der Prüfungsangst
Nicht die Prüfungsangst selbst, sondern vielmehr die damit einhergehende gedankliche Mehrbeschäftigung mit angsterzeugenden und angsterhaltenden Gedanken zulasten der intensiven Auseinandersetzung mit dem Prüfungsstoff sind verantwortlich für schlechtere Prüfungsergebnisse.
Sollten Sie bei sich selbst solch einen Kreislauf beobachten, dann ist es definitiv an der Zeit, sich professionelle Unterstützung zu suchen.
Hier bekommen Sie die Vorlage zur Gedanken-Stopp-Technik: --> Gedanken-Stopp-Technik
Im Video erhalten Sie eine Reihe von Ideen für den Umgang mit der Prüfungsangst: