Die Spinne, die ein Geheimnis birgt

Eine weibliche Wespenspinne (Argiope bruennichi) in ihrem Netz. – Foto: Gabriele Uhl
Eine weibliche Wespenspinne (Argiope bruennichi) in ihrem Netz. – Foto: Gabriele Uhl
Monica Sheffer mit einer weiblichen Wespenspinne (Argiope bruennichi) während der Feldarbeit in Portugal. – Foto: Monica M. Sheffer
Monica Sheffer mit einer weiblichen Wespenspinne (Argiope bruennichi) während der Feldarbeit in Portugal. – Foto: Monica M. Sheffer

Grasflächen und verlassene Gärten in ganz Europa sind die Jagdreviere der Wespenspinne (Argiope bruennichi). Vor hundert Jahren wurde diese Spinne innerhalb von Europa nur in Gebieten mit Mittelmeerklima gefunden. Im vergangenen Jahrhundert, und noch schneller während des letzten Jahrzehnts, hat sie sich von diesen warmen Regionen in deutlich kältere Gebiete ausgebreitet – bis nach Estlands, Finnland und Schweden. Ihr Ausbreitungserfolg nach Norden weckte das Interesse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Eine der Forschenden ist Monica M. Sheffer. Sie ist Doktorandin im RESPONSE Graduiertenkolleg an der Universität Greifswald und untersucht verschiedene Eigenschaften der Spinne, die mit der Arealerweiterung zu tun haben können. Sie unternahm eine Studie zum Mikrobiom (die Gesamtheit aller Bakterien eines Wirts) der Wespenspinne, das verschiedene Auswirkungen auf den Wirt haben kann – einschließlich der Veränderung des Verbreitungsverhaltens.

Die Spinnen für diese Studie stammen aus zwei Populationen, aus Greifswald sowie aus Estland. Da sich das Mikrobiom in den verschiedenen Körperstrukturen unterscheiden kann, wurden die Spinnen zunächst seziert und das Mikrobiom jeder Gewebeart separat sequenziert. Zusätzlich wurde das Mikrobiom jugendlicher Spinnen (auf Englisch Spiderlings) bestimmt, um herauszufinden, ob Bakterien von der Mutter an die Nachkommen weitergegeben werden.

Die Analyse ergab ein unerwartetes und aufregendes Ergebnis: eine einzige Bakterienart dominierte jede Gewebeart der Erwachsenen und wurde an die Spiderlings weitergegeben. Getauft „DUSA“ (dominanter unbekannter Symbiont von Argiope bruennichi) unterscheidet sich dieses Bakterium von bisher bekannten Bakterienarten. Die nächstverwandte Bakteriengruppe scheinen die Tenericutes zu sein.

Die Anwesenheit von DUSA in allen untersuchten Gewebeproben sowohl bei den Spinnen aus Deutschland als auch aus Estland könnte auf eine intime Symbiose zwischen der Spinne und dem Bakterium hindeuten. Solche Symbiosen sind typisch für Tenericute-Bakterien und bekannt dafür, das Verhalten des Wirts zu verändern. In weiteren Studien soll untersucht werden, ob auch andere Spinnenpopulationen dieses Bakterium in sich tragen und ob der Symbiont die Verbreitung der Spinne Richtung Nordeuropa beschleunigt.

Diese Studie wurde durch das Mentoringprogramm der Universität Greifswald möglich, in dem Prof. Dr. Gabriele Uhl die Mikrobiologin Dr. Mia M. Bengtsson begleitete. Professorin Uhl befasst sich wissenschaftlich unter anderem mit der Verbreitung der Wespenspinne und Dr. Bengtson interessiert sich für die Wechselwirkung zwischen Mikroben und ihren Wirten. Die beiden Wissenschaftlerinnen arbeiten zusammen und betreuen gemeinsam Monica M. Sheffer bei der Analyse des Microbioms der Wespenspinne. Prof. Dr. Tim Urich von der Universität Greifswald sowie die Mitwirkenden Dr. Stefan Prost (Seckenberg, Frankfurt) und Prof. Dr. Tillmann Lueders (Universität Bayreuth) brachten zusätzliche Expertise und Infrastruktur für das Forschungsprojekt ein.


Weitere Informationen
Originalpublikation: Sheffer, M.M.; Uhl, G.; Prost, S.; Lueders, T.; Urich, T.; Bengtsson, M.M. 2020. Tissue- and population-level microbiome analysis of the wasp spider Argiope bruennichi identified a novel dominant bacterial symbiont. Microorganisms 8: 8. DOI: doi.org/10.3390/microorganisms8010008
https://www.mdpi.com/2076-2607/8/1/8/htm

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Co-Autoren

Dr. Stefan Prost: stefanprost.researchprotonmailcom
Prof. Dr. Tillmann Lueders: tillmann.luedersuni-bayreuthde
Prof. Dr. Tim Urich: tim.urichuni-greifswaldde

 

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