Grundlagenforschung macht Hoffnung: „Kein Durchbruch, aber ein wichtiger Schritt.“

Symbolbild Universitätsmedizin Greifswald, Foto: Kilian Dorner
Symbolbild Universitätsmedizin Greifswald, Foto: Kilian Dorner

Der Fall war ungewöhnlich: Drei Cousins einer in Frankreich lebenden Großfamilie waren mit derselben selte­nen Krankheit auf die Welt gekommen. Sie waren gehörlos, hatten ein massiv eingeschränktes Sehvermögen durch eine Linsentrübung („Grauer Star“) und allgemeine Entwicklungsstörungen. Die Hör- und Sehstörungen sind mittlerweile durch Operationen behoben, aber die erheblich verminderte Sprachentwicklung blieb. Weil diese seltene Krankheit innerhalb einer Familie auf­trat, lag eine genetische Ursache nahe.

Die Greifswalder Forschungsgruppe um Prof. Elke Krüger hat nun den Mechanismus rekonstruiert, der das Pro­blem innerhalb von Zellen verursacht. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass ein Bauteil der Abbaumaschine für kaputte Proteine in der Zelle defekt ist. Diese fungiere normalerweise als „eine Art Müllabfuhr, die kaputte Proteine wegschafft“, erklärt Krüger, Direktorin des Instituts für Medizinische Biochemie und Molekular­bio­logie: „Dadurch müllen die Zellen der Patienten regelrecht zu.“

Hier gebe es deutliche Parallelen zu anderen Krankheiten, die weitaus häufiger auftauchen. Dazu zählen etwa Parkinson oder Alzheimer. „Auch bei diesen Krankheiten sind die Abbauwege gestört“, beschreibt Dr. Frédéric Ebstein, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Krügers Team. Den Mechanismus zu kennen biete mehrere Ansätze, wie gegengesteuert oder kompensiert werden könne, so Ebstein.

Institutsdirektorin Krüger erklärt die Bedeutung: „Wenn wir ältere Menschen mit Alzheimer oder Parkinson untersuchen, kön­nen wir nie sicher wissen, welche Probleme auf welche Ursache zurückzuführen sind. Dafür ist ein älterer Mensch im Laufe seines Lebens schon zu vielen Einflüssen ausgesetzt gewesen – von der Ernäh­rung über Medikamente bis zu früheren Krankheiten.“ Das sei bei Kindern natürlich anders, sodass man von solchen seltenen Erkrankungen lernen kann.

Ein Durchbruch sei die Entschlüsselung noch nicht, dämpft Prof. Elke Krüger zu hohe Erwartungen, „noch wis­sen wir nicht, wie wir das erkannte Problem beheben“. Ein wichtiger Schritt ist aus ihrer Sicht aber gemacht: „Wir sind entscheidend weitergekommen! Uns stehen jetzt Zellmodelle zur Verfügung, die für die Therapie-Entwicklung genutzt werden können.“

Zu dem internationalen Konsortium gehörte neben dem Institut für Medizinische Biochemie und Moleku­lar­­bio­logie der Universitätsmedizin Greifswald das Universitätsklinikum Straßburg (Frankreich) und das Karlsruhe Insti­tute of Technology (KIT).
Die bibliographischen Daten:  DOI 10.15252/emmm.201911861; EMBO Molecular Medicine (2020) e11861

Quelle
Medieninformation der Universitätsmedizin Greifswald


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