Tiefbohrung auf dem Tibet-Plateau rückt näher

Zufahrt zum Nam Co See – Foto: @Torsten_Haberzettl
Zufahrt zum Nam Co See – Foto: @Torsten_Haberzettl
Der Nam Co See ist vier Mal so groß wie der Bodensee –  Foto: @Torsten_Haberzettl
Der Nam Co See ist vier Mal so groß wie der Bodensee – Foto: @Torsten_Haberzettl

Der Nam Co See ist etwa 100 Meter tief. Er liegt auf einer Höhe von über 4700 Meter über dem Meeresspiegel auf dem Tibetischen Plateau und ist vier Mal so groß ist wie der Bodensee. Ab 2023 sollen hier von einer schwimmenden Bohrplattform aus rund 2200 Meter Sedimentbohrkerne geborgen werden. Der längste Bohrkern wird rund 700 Meter in die Tiefe reichen. Damit können Forschende etwa eine Million Jahre in die Erdgeschichte zurückschauen. Sie erhalten Informationen zum Klima und zum Leben an diesem Ort in der Vergangenheit. Außerdem kann anhand der Sedimentbohrkerne des Sees die Hebungsgeschichte des Tibet Plateaus nachvollzogen oder Veränderungen des Magnetfeldes der Erde bestimmt werden. Um solche Informationen zu erhalten, werden die Sedimentkerne in kleine Scheibchen geteilt, die anschließend in den Heimatlaboren, darunter Greifswald, der Forschenden des internationalen Konsortiums untersucht werden.

An dem Forschungsvorhaben sind 58 Forschende aus der ganzen Welt und verschiedener Fachrichtungen beteiligt, so beispielsweise auch Höhenmediziner, die sich für die Auswirkungen der Höhenlage auf den menschlichen Körper interessieren. Ziel des Projektes ist es, Daten und Fakten zu sammeln, die dazu beizutragen, Klimaveränderungen zu beschreiben und das Klima der Zukunft besser vorhersagen zu können. „Der globale Klimawandel wird die Region Südostasien und damit letztendlich auch die Menschen, die hier leben, stark beeinflussen. Denn die Entwicklung des Klimas in dieser Region ist eng verknüpft mit dem asiatischen Monsunsystem“, sagt der Greifswalder Geograph Prof. Dr. Torsten Haberzettl. Sein Kollege Dr. Gerhard Daut von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ergänzt: „Es ist wichtig, das Klima der Vergangenheit möglichst genau zu kennen, um Modelle über die zukünftige Entwicklung des Klimas besser und damit verlässlicher zu machen.“ „Die Bohrkerne können uns verraten, welche Klimaänderungen es in dieser Region in der Vergangenheit genau gab, wie schnell sie abgelaufen sind und ob es Schwellenwerte gab, die zu einer radikalen Veränderung der Ökosysteme geführt haben“, fügt der Bremer Geophysiker Prof. Dr. Volkhard Spieß hinzu.

Mit der Bewilligung des Bohrkostenzuschusses durch das Internationale Kontinentale Tiefbohrprogramm (International Continental Scientific Drilling Program – ICDP) in Höhe von 1,5 Millionen USD wurde ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer Tiefbohrung auf dem Tibet-Plateau genommen. Die idealen Bohrpunkte wurden bereits auf der Basis von seismischen Untersuchungen bestimmt, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurden. Die Gelder des ICDP bilden nun den Grundstein des geplanten Bohrvorhabens. Weitere Anträge zur Ko-Finanzierung des Projektes bei nationalen Förderorganisationen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Schweizer Nationalfond, der israelischen ISF oder bei der britischen Förderorganisation NERC werden derzeit ausgearbeitet. Ein wesentlicher Anteil der Bohrkosten von über zwei Millionen USD wird durch die chinesischen Kooperationspartner, Prof. Dr. Liping Zhu und Prof. Dr. Junbo Wang, vom Institut für Tibet Plateau Forschung (Chinesische Akademie der Wissenschaften) in Peking zur Verfügung gestellt. Bis zum geplanten Bohrbeginn im Jahr 2023 wird es mindestens zwei Vorbereitungstreffen vor Ort geben, um logistische Herausforderungen in dieser schwierigen Umgebung zu meistern und die lokale Bevölkerung über das Bohrvorhaben zu informieren.

Weitere Informationen
Lehrstuhl für Physische Geographie an der Universität Greifswald
Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald
Lage des Nam Co See

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Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Torsten Haberzettl
Institut für Geologie und Geographie
Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße 16, 17489 Greifswald
Telefon 03834 420 4511
torsten.haberzettluni-greifswaldde

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