Playa de las Catedrales - Foto: Esther Kühnert

Esther Kühnert

Profilfoto EK - Foto: Esther Kühnert

Studium in Greifswald
Lehramt Gymnasium Geschichte, Englisch, DaF 


Aktivität im Ausland
Erasmus, Universidad de Oviedo (Spanien)


Zeitraum
Januar - Juni 2020


Wieso ich ins Ausland gegangen bin?
„Mehrere Monate in einer mir unbekannten Gegend mit anderen Gepflogenheiten und einer fremden Sprache geben mir die Möglichkeit, meine Sprachkenntnisse zu verbessern, über den Tellerrand zu gucken und Erfahrungen zu machen, die so zuhause nicht möglich wären. Außerdem kann ich dem grauen, nassen Greifswalder Winter entfliehen und ihn gegen die spanische Sonne eintauschen."

Erasmus und Corona

Gnocchi - Foto: Esther Kühnert
Selbstgemachte Gnocchi am Ostersonntag
Hoffnungsschimmer - Foto: Esther Kühnert
Ein kleiner Hoffnungsschimmer (der Regenbogen ist hier auch das Durchhalte-Symbol der Kinder, in vielen Fenstern und Türen sieht man Bilder von Regenbögen)
Candlelightdinner - Foto: Esther Kühnert
Ein Corona-Candlelight-Dinner
Berge - Foto: Esther Kühnert
Schneebedeckte Berge, von unserem Wohnzimmer aus fotografiert.

 

2020. Dieses Jahr wird uns mit Sicherheit allen gut in Erinnerung bleiben. Ein Jahr des Drinbleibens, des Serienschauens, des Lesens von Büchern, die schon viel zu lange auf der Leseliste standen, ein Jahr des auf dem Wohnzimmerfußboden Sportmachens und des Wertschätzens, welche Freiheiten man eigentlich vorher hatte.

 

Ärgerlich nur, wenn man dieses Jahr eigentlich dazu auserkoren hatte, das ereignisreichste des ganzen Studiums zu werden. Dass während des Erasmus-Semesters eine globale Pandemie ausbricht, die einen dazu zwingt, drinnen zu bleiben und auf sämtliche Erfahrungen, die man hätte machen können, zu verzichten, ist gelinde gesagt Pech. Ehrlich gesagt ist es sogar mehr als das, es ist ziemlich beschissen. In Spanien sind die Umstände schwierig. Inzwischen sind es über vierzig Tage, die ich in meiner Wohnung festsitze, da eine umfassende Ausgangssperre verhängt wurde. Diese Änderung kam sehr plötzlich und mein Leben hat sich gewissermaßen von 100 auf 0 entschleunigt. Vorher waren die Tage mit Kursen, Englischunterricht an einer lokalen Schule, Orchesterproben und Erasmuspartys derart vollgestopft, dass teilweise gar nicht genug Zeit für ausreichend Schlaf blieb. Und von einem Tag auf den anderen hatte ich so viel Zeit, dass ich gar nicht wusste, wohin damit. Dankenswerterweise bekam ich umgehend Antilangeweile - Carepakete aus Deutschland mit Strickzeug und Origamipapier.

 

Meine Highlights in diesen Wochen sind das Einkaufen gehen und Müll rausbringen. Jeden Abend machen meine Mitbewohnerin und ich letzteres und wagen anschließend einen kurzen Spaziergang in unserem Wohnbereich, das sind unsere täglichen kurzen Minuten der Freiheit. Natürlich könnte man auch tagsüber größere Runden durch die Stadt gehen und darauf hoffen, dass man schon nicht erwischt wird, darauf verzichte ich aber lieber, da ich einerseits immer wieder von Freunden höre, die auf dem Weg zum Supermarkt kontrolliert werden und andererseits auch ein gewisses Verständnis für die Maßnahmen habe und mich verantwortungsvoll verhalten möchte.

 

Der schwierigste Aspekt an der ganzen Situation war für mich die Erkenntnis, dass ich all die Menschen, die ich in den ersten beiden Monaten meines Erasmus‘ kennengelernt habe, vermutlich nicht mehr wiedersehen werde. Die meisten Erasmus-Studierenden in Oviedo sind zu Beginn der Ausgangssperre in ihre jeweiligen Heimatländer zurückgekehrt. Darauf habe ich aus mehreren Gründen verzichtet: einerseits dachte ich anfangs, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Situation in Deutschland genau gleich sein würde (im März sprach man ja noch häufig davon, dass die Lage in Italien gewissermaßen eine zweiwöchige Vorhersage der Zustände in Deutschland sei). Dann dachte ich, dass die Ausgangssperre ja nicht ewig dauern würde und sicherlich bald Lockerungen kämen. Stattdessen wurde sie nun schon mehrmals verlängert, zuletzt erst am vergangenen Sonntag. Da hätten wir eigentlich nur noch eine Woche durchhalten müssen und schmiedeten gerade Pläne für die Zeit danach. Wir sprachen gerade darüber, in unseren Lieblingspark zu gehen und endlich mal auf den Berg, den wir von unserem Wohnzimmerfenster sehen können, zu wandern, als die Meldung mit einer erneuten Verlängerung von drei Wochen kam.

 

All das klingt natürlich sehr negativ, aber ich gebe mir trotzdem Mühe, den guten Mut nicht zu verlieren. Es gibt viele Dinge, für die ich dankbar bin, da mir klar ist, dass alles deutlich schlimmer sein könnte. Zum Beispiel stelle ich es mir furchtbar vor, jetzt allein zu wohnen. Ich habe zwei italienische Mitbewohnerinnen, mit denen ich mich sehr gut verstehe. Gemeinsam können wir sogar noch unser Spanisch trainieren. Wir haben uns zusammen in unseren neuen Alltag hineingefunden. Wir lernen zusammen im Wohnzimmer für unsere Prüfungen, wir kochen viel, machen Sport, gucken zusammen Gossip Girl auf Spanisch (La Reína Cotilla) und lernen uns besser kennen als das ohne Corona vermutlich der Fall gewesen wäre.

 

Ich bleibe hoffnungsvoll, dass nach dem 9. Mai wieder ein bisschen mehr Normalität einkehrt. Trotz der „Corona-Inhaftierung“ bereue ich es nicht, mir dieses Jahr für meinen Erasmus ausgesucht zu haben. Die ersten zwei Monate, als noch keine Ausgangssperre galt, waren so ereignisreich und schön, dass ich mich immer gerne daran erinnern werde. Ich blicke einem Sommer in Spaniens Norden entgegen, den ich umso mehr genießen werden kann, weil ich eine so lange Zeit der Vorfreude gehabt haben werde und auch, wenn ich auf Veranstaltungen mit anderen Menschen verzichten werden muss, so werde ich wenigstens noch mehr von der wunderschönen Landschaft zu sehen bekommen, die von Anfang an der Grund für mein Interesse an einem Erasmus in Oviedo war.

Supermarkt - Foto: Esther Kühnert
Die Schlange vor dem Supermarkt meines Vertrauens – hier war sie sogar verhältnismäßig kurz
Straße - Foto: Esther Kühnert
Auf diesem Straßenabschnitt vor unserem Haus habe ich im Hin-und Hergehen viele Kilometer zurückgelegt.
Vino Blanco - Foto: Esther Kühnert
Vino Blanco an einem lauen Frühlingsabend. Hat sich fast wie ein Picknick angefühlt.
Abendhimmel - Foto: Esther Kühnert
Ein herrlicher Abendhimmel – für uns leider nur aus dem Küchenfenster zu bestaunen.

04.02.2020

Playa de las Catedrales 2 - Foto: Esther Kühnert
Playa de las Catedrales an der Küste Asturiens
Campus del Milán - Foto: Esther Kühnert
Campus del Milán, Universidad de Oviedo
Blick auf die Kathedrale - Foto: Esther Kühnert
Blick auf die Kathedrale durch die Calle Mon
Skulpturen - Foto: Esther Kühnert
Skulpturen wie diese prägen das Stadtbild Oviedos
Busfahrt - Foto: Esther Kühnert
Busfahrt durch die Berglandschaft Asturiens

 

„Oviedo? Wo ist das denn?“ und  „Du studierst doch Englisch, was willst du denn in Spanien?“ sind Fragen, die ich im Vorfeld meines Erasmus-Semesters einige Male beantworten durfte. Oviedo ist eine ca. 200.000 Einwohner starke Stadt in Asturien, an der Nordküste Spaniens. Was ich als Englisch-, Geschichts- und DaF-Studentin von einem Semester in Spanien habe, wusste ich vor der Abreise auch nicht so genau.

 

Bei der Entscheidung für mein Zielland spielte für mich hauptsächlich die geographische Lage eine Rolle. Das IfAA hatte neben anderen Städten auch einen Erasmus Platz in Oviedo ausgeschrieben und nach einer kurzen Google Recherche war ich sehr angetan von der Idee, die Costa Verde, also die grüne Küste Spaniens kennenzulernen.

 

Nun bin ich schon bald drei Wochen hier und bin davon überzeugt, dass ich keine bessere Entscheidung hätte treffen können. Wenn ich mit Bekannten aus Deutschland telefoniere fällt es mir schwer, nicht wie eine Dauerwerbesendung für Tourismus in Asturien zu klingen, so gut gefällt mir Oviedo und die umliegende Landschaft. Die Nähe zum Meer ist man als Studentin aus Greifswald zwar gewöhnt, aber dass man in einer halben Stunde nicht nur am Strand, sondern auch in den Bergen sein kann, ist schon ein echtes level up gegenüber der Vorpommerschen Wahlheimat.

 

Davon abgesehen ist Oviedo klein genug, dass man schnell einen Überblick gewinnt und trotzdem so groß, dass man das Gefühl hat, auch im Zeitraum eines Semesters noch jeden Tag etwas Neues entdecken zu können. Es gibt viele mittelalterliche Gebäude, kostenlose Museen, Parks und Grünflächen und eine Fülle von Cafés, Bars und Restaurants. Außerdem ist Oviedo die sauberste Stadt Spaniens.

 

Seit meiner Ankunft fällt mir aber neben der Attraktivität der Umgebung noch ein weiterer Vorteil eines Erasmus‘ in Spanien auf: Ich hatte weder zu Schul- noch zu Studienzeiten groß etwas mit der spanischen Sprache am Hut. Als Geschichtsstudentin holte ich am Anfang meines Studiums das Latinum nach, das war bisher jedoch mein einziger Bezugspunkt zu den romanischen Sprachen. Als mein Erasmus-Ziel konkret wurde, besuchte ich zwar einen Sprachkurs des FMZ, jedoch erreichte ich in diesem einen Semester nur ein sehr bescheidenes Niveau der Sprache.

 

Jetzt bin ich in einer Gegend, in der die englische Sprache vergleichsweise wenig verbreitet ist und muss irgendwie mit meinem geradebrechten Spanisch die Hürden der Uni-Administration, der Kommunikation mit meiner Vermieterin, Einkäufe und Smalltalk in Fahrstühlen überwinden. Natürlich ist das anstrengend und teilweise frustrierend, aber ich empfinde die Erfahrung, Sprachbarrieren zu haben und diese Schritt für Schritt zu überwinden auch als eine sehr bereichernde. Da ich in meinem späteren Berufsalltag als Lehrerin für Englisch und Deutsch als Fremdsprache mit Lernenden konfrontiert sein werde, die genau diese Erfahrungen mit  der englischen und deutschen Sprache haben werden, denke ich, dass ich die Probleme und Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler besser nachvollziehen werden kann, wenn ich mich selbst nochmal der Situation des Lernens einer neuen Sprache aussetze.

 

In den noch nicht ganz drei Wochen, die ich hier bin, habe ich schon einiges erlebt. Neben dem Kennenlernen der Universitätsgewohnheiten und des hiesigen Nachtlebens habe ich an einem Trip zum westlichen Teil Asturiens und dem östlichen Teil Galiziens teilgenommen, war auf einem Städtetrip in Gijón, habe eine Menge Tapas gegessen und gelernt, Sangria zu mögen, bin dem örtlichen Universitätsorchester beigetreten und war sogar schon auf Konzertreise in Alcalá de Henares, bei Madrid. Hier spielte ich eher schlecht als recht (weil ich vorher nur an einer Probe teilgenommen hatte) Beethovens Fünfte und ein Stück mit dem schönen Namen Paisaje Asturia (Die Landschaft Asturiens).

 

Neben diesen Highlights kommt langsam etwas Routine in meinen Alltag. Ich habe mich daran gewöhnt, dass es normal ist, hier erst halb 10 zu Abend zu essen und dass man eigentlich nicht vor halb eins nachts im Club auftauchen muss. Insofern ist es auch ziemlich hilfreich, dass man statt Filterkaffee direkt Espresso trinkt und es in der Universität kaum Kurse gibt, die vor zehn anfangen.

Ich hoffe, dass es auch weiterhin spannend bleibt.

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