Pommern als kulturelle Drehscheibe des Barock – Greifswalder Skandinavist veröffentlicht neues Buch

Coverbild: Walter Baumgartner, Ostsee-Barock (II), Theater, Gelegenheitsdichtung, Kirchenlied, © LIT Verlag
Coverbild: Walter Baumgartner, Ostsee-Barock (II), Theater, Gelegenheitsdichtung, Kirchenlied, © LIT Verlag

Den 14 Studien liegt ein umfangreiches Quellenmaterial zugrunde, das sich von Lübeck über Stralsund und Greifswald, Kopenhagen, Stockholm und Bergen (Norwegen) erstreckt. Es wurden große Sammlungen von Drucken aus deutschen und skandinavischen Archiven und Universitätsbibliotheken ausgewertet. Dieses umfängliche Textkorpus ist bisher nicht untersucht und gewürdigt worden. Die lange ignorierte oder verachtete Gattung „Gelegenheitsgedicht“ erfährt eine ästhetische Aufwertung. Es finden sich in ihr mehr literarische Qualitäten und gesellschaftliche Funktionen als ihr bisher zugebilligt wurden. Es liegt hier eine wertvolle stadtbürgerliche kulturelle Leistung vor.

Ein Aufsatz über die englischen Schauspieler am Hof des Herzogs Philipp Julius von Pommern-Wolgast (1654- 1625) am Anfang des Buches macht deutlich, dass Pommern und Skandinavien vom Beginn des 17. Jahrhunderts an keineswegs als kulturelles Abseits betrachtet werden dürfen.

Neu an den vorgelegten Arbeiten ist die Beachtung von Hochzeitsgedichten in niederdeutscher Sprache aus der Greifswalder Sammlung Vitae pomeranorum. Sie werden mit schwedischen Dialektgedichten verglichen. Ein Aufsatz weist das häufige, bisher nicht beachtete Motiv (Platt oder Dialekt sprechender) „Bauer an vornehmer Hochzeit“ auch in Kopenhagen nach und – auf Lateinisch, mit plattdeutscher Einlage – in Greifswald.

Ein anderes hier erstmalig hervorgehobenes Motiv der Hochzeitsdichtung ist „Die große Liebeskette“. Es gibt sie in der römischen Antike, in der italienischen Renaissance und in allen europäischen Literaturen Europas des Barock – und eben auch in untersuchten Ostseeraum-Material. Bis ins 20. Jahrhundert lässt sie sich nachweisen. Dabei geht es darum, dass Tiere, Pflanzen, Mineralien, Regen und Erde usw. sich erotisch anziehen und paaren – so auch die Menschen! Im sexualfeindlichen kirchlichen und staatlichen Kontext der Zeit fungierte dieser Topos als pragmatisches Entspannungsangebot.

Zwei der Aufsätze des Buches sind einschlägig Sibylla Schwarz (1621-1638) gewidmet. Im Buch wird unter anderem auch der Fall des Buchdrucker-Clans um Ernst Henrich Berling (1708-1750) in Kopenhagen, dem Gründer der heute noch existierenden Tageszeitung „Berlingske Tidende“ geschildert.

Weitere Informationen
Walter Baumgartner, Ostsee-Barock (II) Theater, Gelegenheitsdichtung, Kirchenlied, ISBN: 978-3-643-25105-3, Band Nr. 17 der Reihe Nordische Geschichte, LIT Verlag, 2023
https://www.lit-verlag.de/isbn/978-3-643-25105-3

 

Ansprechpartner
Prof. i. R. Walter Baumgartner
baumgaruni-greifswaldde

 

Medieninformation


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