Umweltbedingungen beeinflussen die kognitive Leistung und das Gehirnvolumen von Spinnen

Foto 1: Ein Weibchen der Rindenspringspinne Marpissa muscosa unmittelbar nach einem Lernversuch - Foto: Jannis Liedtke
Foto 1: Ein Weibchen der Rindenspringspinne Marpissa muscosa unmittelbar nach einem Lernversuch – Foto: Jannis Liedtke
Foto 2: Eine weibliche Rindenspringspinne inmitten der physisch angereicherten Umwelt - Foto: Philip O.M. Steinhoff
Foto 2: Eine weibliche Rindenspringspinne inmitten der physisch angereicherten Umwelt – Foto: Philip O.M. Steinhoff

Verschiedene Tierarten besitzen unterschiedliche kognitive Fähigkeiten – sie lernen beispielsweise besser oder schlechter. Die Ursachen dieser Unterschiede sind jedoch häufig unbekannt. Sowohl die soziale als auch die physische Umwelt, in der sich ein Individuum aufhält, könnte die Ausprägung der kognitiven Fähigkeiten beeinflussen. Der Umgang mit Artgenossen bei sozial organisierten Arten könnte anspruchsvollere Gehirne erfordern – beispielsweise, um Freund oder Feind zu unterscheiden. Die Orientierung in komplex strukturierten Umwelten kann eine detailliertere Wahrnehmung oder Fähigkeiten für umfangreichere Lernprozesse und ein differenzierteres Reaktionsvermögen voraussetzen. 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hamburg und der Universität Greifswald untersuchen derzeit an Springspinnen, inwieweit soziale und physische Umweltbedingungen die Lernfähigkeit und den Umgang mit Artgenossen beeinflussen. Durch Verhaltensexperimente und mikroskopische Verfahren erforschen sie, ob verschiedene Bedingungen auch Veränderungen im Gehirn hervorrufen. 

Für ihre Experimente wählten die Biologinnen und Biologen die größte einheimische Springspinne, die Rindenspringspinne Marpissa muscosa (Foto 1). Diese Tiere sind für ihre außergewöhnlichen kognitiven Leistungen und ihre Toleranz gegenüber Artgenossen bekannt. Die Spinnen wurden in drei verschiedenen Umwelten aufgezogen: angereichert mit Objekten (Foto 2), ohne Objekte und gemeinsam mit Artgenossen. 

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten fest, dass Spinnen, die in Gruppen aufwuchsen, schneller lernten, an welcher Stelle in einem Labyrinth eine Futterbelohnung versteckt war (Film 1). Die Reaktion der Spinnen auf ihr Spiegelbild, auf das sie wie auf einen Artgenossen reagieren, wurde ebenfalls getestet. Die Spinnen die in Gruppen aufwuchsen waren am wenigsten aggressiv im Umgang mit ihresgleichen (Film 2). 

Die Gehirnstrukturen unterschiedlich aufgezogener Spinnen wurden mit Hilfe der Röntgen-Microcomputertomographie (microCT) analysiert. Tiere, die in einer angereicherten Umwelt aufwuchsen zeigten das am stärksten ausgeprägte Erkundungsverhalten. In ihren Gehirnen ist eine Region vergrößert, die als „Arcuate body“ bezeichnet wird und vermutlich mit der Kontrolle von Körperbewegungen in Zusammenhang steht. 

Die Ergebnisse dieser Forschungsprojekte zeigen, dass physische und soziale Umweltbedingungen einen starken Einfluss auf die Entwicklung von Gehirn und Verhalten haben. 

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Kurz-URL http://tinyurl.com/y7lkrga2

Weitere Informationen
Artikel 1: Social makes smart: rearing conditions affect learning and social behaviour in jumping spiders – in: Animal Cognition November 2017, Volume 20, Issue 6, pp 1093–1106
Artikel 2: Early environmental conditions affect the volume of higher order brain centers in a jumping spider - in: Journal of Zoology Volume 303 Issue 2 Issue Publication: October 2017

Film 1: Eine Rindenspringspinne beim Lernversuch. Hinter dem gelben Hindernis ist eine Belohnung versteckt. - Film: Jannis Liedtke https://www.youtube.com/watch?v=-fCL9S4CMzk

Film 2: Eine Rindenspringspinne reagiert im Spiegelversuch auf ihr Spiegelbild wie auf einen Artgenossen. - Film: Jannis Liedtke https://www.youtube.com/watch?v=iL6zfWUznUw

 

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