Die Universität Greifswald verleiht den Genderpreis 2020

Mit dem Genderpreis werden exzellente wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichnet, die die Geschlechterperspektive in besonderer Weise berücksichtigen. Die Verleihung des Preises findet am 16. Dezember 2020 im Akademischen Senat statt.
Das Rektorat, die Gleichstellungskommission des Senats und die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Greifswald haben Anna Lange für ihre Masterarbeit mit dem Titel "Sexarbeit in den Romanen von Sjöwall und Wahlöö"ausgewählt.

Zur Begründung der Gleichstellungskommission:

Mit ihrer Abschlussarbeit "Sexarbeit in den Romanen von Sjöwall und Wahlöö", die im Rahmen des interdisziplinären Masterprogramms KIL im Fach Skandinavistik entstanden ist, stellt
Anna Lange Perspektiven der Genderforschung mit dem Genre des nordischen Kriminalromans in eine höchst originelle und ertragreiche Beziehung zueinander.
Die Kriminalromane von Per Sjöwall und Maj Wahlöö („Kommissar-Beck-Reihe“, im Schwedischen auch „Roman om ett brott“-Reihe), die in den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden, gelten bis heute als stilprägend für eine neue Form des sozialkritischen Kriminalromans, und als Vorläufer für die globale Popularität , die nordische Vertreter*innen des Genres seit der Jahrtausendwende errungen haben.

Anna Lange verknüpft ihre literaturwissenschaftliche Analyse der Werke mit einem kulturwissenschaftlichen Blick, der einerseits die soziohistorischen Gegebenheiten im Schweden der 1960er Jahre miterfasst, gleichzeitig jedoch auch dezidiert gendertheoretische Ansätze in den Mittelpunkt rückt. Dabei bedient sie sich sowohl inzwischen kanonisierter Ansätze, wie Mulveys Male Gaze, aber auch neuer und innovativer Forschungsliteratur, wie Nüblings und Hirschauers Un/doing Gender. Durch diese kenntnisreiche und vielschichtige Lesart, die klassische literaturwissenschaftliche Arbeit mit einem kulturwissenschaftlich informierten und genderkompetenten Blick verbindet, gelingt der Autorin nicht nur eine Analyse des Topos Sexarbeit, sondern ganz allgemein des Frauenbildes in diesem Romanzyklus. Durch ihre Arbeit an der Schnittstelle zwischen Literatur- und Kulturwissenschaft gelingt es Anna Lange insbesondere, den paternalistischen und repressiven Blick herauszuarbeiten, der die Texte trotz oder wegen ihres zeitgeschichtlichen Hintergrunds prägt.

Die Arbeit von Anna Lange ist preiswürdig wegen ihrer innovativen und von modernen Gender Studies informierten Perspektive auf Geschlechterfragen. Es ist dabei hervorzuheben, dass es ihr gelingt, die verhandelten Fragen aus der Ebene der literaturhistorischen Betrachtung herauszuheben und in ganz aktuelle und relevante Kontexte zu stellen: insbesondere vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftspolitischer Debatten um Sexarbeit wird das sogenannte Nordische Modell intensiv und kontrovers diskutiert. Frau Lange stellt diesen Zusammenhang nicht nur her, sondern macht dadurch auch deutlich, wie literarische und kulturelle Diskurse in die Gesellschaft und unser Verständnis von Geschlechterperspektiven hineinwirken.


Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an das Büro der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten:

Ruth Terodde
Gleichstellungsbeauftragte
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Telefon  +49 3834 420 1108
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