Gedenken erhalten – Prof. Ernst Lohmeyer

Prof. Ernst Lohmeyer
Prof. Ernst Lohmeyer - Foto Archiv der Universität Greifswald

Geboren wurde Ernst Lohmeyer am 8. Juli 1890 in Dorsten im Münsterland. Das Studium der Theologie und der Philosophie absolvierte er in Tübingen, Leipzig und Berlin. 1912 wurde er zum Licentiaten der Theologie promoviert, 1914 zum Dr. phil., 1918 folgte die Habilitation in Erlangen. 1920 erhielt er, gerade erst 30-jährig, den ehrenvollen Ruf auf die Nachfolge Rudolf Bultmanns in Breslau, wo er 1930/31 auch als Rektor amtierte. Anfang 1933 stellte sich Lohmeyer während der Breslauer Universitätsrandale entschieden auf die Seite eines bedrängten jüdischen Kollegen. Das trug ihm ein gerichtliches Verfahren und 1935 die Strafversetzung nach Greifswald ein. 

In Greifswald verbrachte Lohmeyer eher stille Jahre. Er knüpfte Kontakte nach Skandinavien und veröffentlichte eine Reihe von exegetischen Untersuchungen, die bis heute Standardwerke ihres Faches geblieben sind. Doch schon bald zogen die Schatten des Kriegs herauf. Von 1939 an wurde Lohmeyer als Reserveoffizier eingezogen und an verschiedenen Orten bei der Verwaltung besetzter Gebiete eingesetzt, zum Schluss im Gebiet Krasnodar (Slawjansk). 

1943 kehrte er wieder auf seinen Lehrstuhl zurück und erlebte das Ende des Krieges in Greifswald. An der kampflosen Übergabe der Stadt war auch Lohmeyer beteiligt. Als einer der wenigen politisch unbelasteten Professoren wurde er zunächst provisorisch mit der Leitung der Universität betraut. Beflügelt von Breslauer Rektoratserfahrungen sowie dem Elan einer neuer Aufbruchsstimmung nahm der Theologe diese verantwortungsvolle Aufgabe in Angriff, geriet jedoch schon bald zwischen die Fronten der sowjetischen Militäradministration in Karlshorst und der KPD-Parteileitung in Schwerin. 

In der Nacht auf den 15. Februar 1946, an dem die feierliche Wiedereröffnung der Universität stattfinden sollte, wurde Ernst Lohmeyer vom sowjetischen Geheimdienst NKWD verhaftet. Der Stuhl des Rektors blieb am folgenden Tag während des Festaktes leer; über das Schicksal des Verhafteten herrschte Schweigen. Obwohl Lohmeyer bereits am 19. September 1946 aufgrund falscher Anschuldigungen nach einem rechtswidrigen Prozess erschossen worden war, erfuhr die Familie und damit auch die Öffentlichkeit erst Anfang der 1950er Jahre von seinem Tod. Zahlreiche Petitionen bedeutender Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland liefen während dieser Zeit ins Leere. Der „Fall Lohmeyer“ blieb darüber hinaus bis zum Ende der DDR ein Tabu.

1951 veröffentlichte Lohmeyers Nachfolger Werner Schmauch einen Band „In memoriam“; Verlagsort war Stuttgart. Zu Lohmeyers 100. Geburtstag erschien aus dem Kreise der Familie ein Gedenkband in Göttingen. Etwa zeitgleich bereitete die Theologische Fakultät, noch unter den politischen Bedingungen der DDR, einen Festakt vor, der 1990 dann jedoch frei von allen Beschränkungen stattfinden konnte; er ist in den Greifswalder Universitätsreden NF 59 dokumentiert. 

Am 15. August 1996 erfolgte die vollständige Rehabilitierung Ernst Lohmeyers durch den Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation. Als im Jahr 2000 das neue Gebäude der Theologischen Fakultät am Rubenowplatz eingeweiht wurde, erhielt es den Namen Lohmeyers. Auf eine ganz besondere Weise aber ehrten die Stadt und die Universität ihren einstigen Rektor im 70. Jahr seines Todes durch die Benennung des neuen Innenhofes auf dem Campus Loefflerstraße mit dem Namen „Ernst-Lohmeyer-Platz“. 

Leben und Werk Ernst Lohmeyers, der zu den bedeutendsten Vertretern der neutestamentlichen Wissenschaft im 20. Jahrhundert zählt, sind inzwischen mehrfach in monographischer Breite aufgearbeitet worden. 

Autor dieses Beitrages ist Prof. Dr. Christfried Böttrich

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Prof. Dr. Christfried Böttrich
Theologische Fakultät
Lehrstuhl für Neues Testament
Am Rubenowplatz 2/3, 17489 Greifswald
Telefon +49 (0)3834 86-2507
chr.boettrich(at)uni-greifswald(dot)de

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