Studie findet Biomarker für Depressionen

Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere meist unterschätzten Erkrankungen. Betroffene sind in ihrer Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Trotz umfangreicher Forschung ist bisher nicht wirklich verstanden, was biologisch während einer Depression abläuft. Neue Ansätze zum Verständnis der Krankheitsmechanismen liefert die Metabolomik, bei der die Produkte (Metabolite) von Stoffwechselreaktionen untersucht werden.

Um metabolische Faktoren zu identifizieren, die mit Depressionen verknüpft sind, wurde das Blutmetabolom von Personen mit und ohne Depressionen verglichen. In publizierten metabolomweiten Assoziationsstudie zeigten sich signifikant niedrigere Spiegel des Metaboliten Laurylcarnitin bei Menschen mit Depression im Vergleich zu Gesunden. „Dieses neue Forschungsergebnis konnten wir in einer unabhängigen, groß angelegten allgemeinen Bevölkerungsstichprobe validieren“, erklärt Erstautorin Prof. Helena Zacharias.

Um einen möglichen Zusammenhang zwischen metabolischen Faktoren und Depression zu analysieren, wurden die Blutproben von 1411 Probandinnen und Probanden der Studie KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) untersucht. Hierfür wurden 353 einzelne Metabolite im Serum gemessen und über statistische Verfahren diejenigen herausgesucht, die mit Depression assoziiert waren. Depressionen in der KORA-Kohorte wurden mittels Fragebogen erfasst. „Bei den Metabolom-Messungen sind wir hypothesenfrei vorgegangen. Das heißt, wir haben uns nicht gezielt einzelne Moleküle angeschaut, sondern zunächst alles gemessen, was man messen kann. Wichtige Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht und Medikamenteneinnahmen wurden bei der statistischen Auswertung berücksichtigt. Bei diesem Screeningansatz haben wir einen Metaboliten gefunden, der signifikant mit Depression assoziiert ist, das Laurylcarnitin“, erklärt Prof. Zacharias. Dieses Molekül war bisher nicht als wichtiger Akteur bei Depression bekannt. Es gehört zur chemischen Klasse der Acylcarnitine, die am Transport von Fettsäuren und der Fettsäureoxidation in Mitochondrien beteiligt sind. Geringere Konzentrationen dieser Verbindungen bei depressiven Personen könnten auf eine veränderte Fettsäureoxidation und/oder mitochondriale Funktion hinweisen.

Dass der beobachtete Zusammenhang kein Zufallsbefund ist, beweist die Validierungsstudie mit 968 Personen der Gesundheitsstudie SHIP (Study of Health in Pommerania) an der Universitätsmedizin Greifswald. „In dieser Studie haben wir gezielt das Laurylcarnitin untersucht und festgestellt, dass auch in diesem Kollektiv die Konzentrationen bei Personen mit Depression niedriger sind als bei Gesunden“, so die Errstautorin. Welche Rolle Laurylcarnitin bei Depressionen hat, ob die niedrigen Blutkonzentrationen des Metaboliten Folge oder Ursache einer Depression sind, ist nicht klar. Zukünftige Studien könnten hier ansetzen und die kausalen Zusammenhänge zwischen Depression und Laurylcarnitin untersuchen um zu prüfen, ob Laurylcarnitin ein Ziel für neue Therapien sein könnte.

Professorin Helena Zacharias leitet seit April 2021 die Nachwuchsgruppe klinische Metabolomik am Institut für klinische Molekularbiologie von Uni Kiel und Innere Medizin I/UKSH, Campus Kiel. Zuvor war sie Nachwuchsgruppenleiterin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald.

Weitere Informationen
https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/129-biomarker-depressionen 

Originalpublikation
Zacharias, H.U., Hertel, J., Johar, H. et al. A metabolome-wide association study in the general population reveals decreased levels of serum laurylcarnitine in people with depression. Mol Psychiatry (2021). https://doi.org/10.1038/s41380-021-01176-0 

Quelle
Gemeinsame Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Technischen Universität München/Helmholtz Zentrum München und der Universitätsmedizin Greifswald

Kontakt
Prof. Dr. Helena U. Zacharias
Institut für klinische Molekularbiologie
Innere Medizin I
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
Telefon 0431 500 22274
h.zachariasikmb.uni-kielde 

 

 

 

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