Wiedervernässte Moore sind neuartige Ökosysteme

Wiedervernässte Moore im Peenetal ©Stephan-Busse
Wiedervernässte Moore im Peenetal* ©Stephan-Busse

Moore speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie die gesamte Biomasse der Wälder der Welt. Viele Moorflächen weltweit wurden jedoch für Land- und Forstwirtschaft oder Torfabbau entwässert und dadurch in CO2-Quellen verwandelt. Ihre Wiedervernässung ist für die Verringerung der CO2-Emissionen unerlässlich. Dieser Zusammenhang ist seit einigen Jahren klar erkannt und mit vielen Messdaten untersetzt. Wie allerdings die wiedervernässten Moore konkret aussehen, welche Vegetation sich einstellt und ob sie funktionell wieder ihrem natürlichen Zustand ähneln, ist bisher wenig erforscht. Eine zentrale Frage war: Ob und nach welcher Zeit die wiedervernässten Flächen ihrem ursprünglichen Zustand wieder ähnlich werden. Die Studie liefert nun die bisher umfassendsten Erkenntnisse zu wiedervernässten Niedermooren in den gemäßigten Breiten.

Das Forschungsteam hat den Erfolg der Wiedervernässung durch den Vergleich von 320 wiedervernässten mit 243 naturnahen Niedermoorstandorten mit vergleichbarer Entstehungsgeschichte in den gemäßigten Breiten Europas zwischen Wales im Westen und Belarus im Osten untersucht. Ein besonderer „Datenschatz“ waren dabei die Daten aus Mecklenburg-Vorpommern, wo mehr als 30.000 ha der insgesamt in Deutschland bisher wiedervernässten Moorfläche von ca. 70.000 ha liegen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wiedervernässung von entwässerten Niedermooren die Etablierung von hohen, grasartigen Feuchtgebietspflanzen wie Schilf und Rohrkolben begünstigt. Neben der veränderten Biodiversität zeigen die wiedervernässten Moore im Vergleich zu naturnahen Mooren stärkere Schwankungen im Wasserstand und verdichtete Torfe. Überraschenderweise bleiben die Unterschiede zwischen wiedervernässten und naturnahen Mooren hinsichtlich Biodiversität (Vegetation) und Ökosystemfunktionen (charakterisiert durch z.B. geochemische und hydrologische Parameter) lange erhalten. Bis zu drei Jahrzehnte nach Wiedervernässung konnte im Mittel kein Trend hin zu den Bedingungen in naturnahen Mooren nachgewiesen werden. Stattdessen entstehen lokal neuartige Ökosysteme.

Die Mitte 2021 gestartete UN-Dekade für die Restaurierung von Ökosystemen ist der entscheidende Zeitraum für die Erfüllung unserer Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen, auch in Bezug auf Moore und für die Moorforschung. Das Pariser Abkommen impliziert die Wiedervernässung von 500.000 km2 entwässerter Moore weltweit bis zum Zeitraum zwischen 2050 und 2070. In Deutschland müssten zur Erreichung dieses Zieles ca. 50.000 ha pro Jahr, in Mecklenburg-Vorpommern ca. 8.500 ha pro Jahr wiedervernässt werden. Um die Planung und Durchführung der Wiedervernässung von Mooren und die anschließende nachhaltige Bewirtschaftung optimal zu gestalten, ist ein besseres Verständnis der daraus resultierenden lokal neuartigen Ökosysteme erforderlich. Daher rufen die Autoren des Artikels zu einer konzertierten Verstärkung der Forschungsaktivitäten zu wiedervernässten Mooren auf, um gemeinsam und koordiniert Daten über die ökologische Funktionsweise eines möglichst breiten Spektrums von wiedervernässten Mooren zusammenzustellen und wo diese fehlen, zu erarbeiten.

Weitere Informationen:
Publikation in Nature Communications
Beitrag in Nature Portfolio Ecology and Evolution
Arbeitsgruppe Experimentelle Pflanzenökologie, Universität Greifswald
Greifswald Moor Centrum
Arbeitsgruppe Landschaftsökologie und Standortkunde, Universität Rostock

* Informationen zum Foto: Wiedervernässte Moore im Peenetal (Foto: Stephan Busse)

Im Unteren Peenetal sind seit 1990 sehr viele Moorflächen wiedervernässt worden. Teilweise geschah dies unbeabsichtigt durch Deichbrüche z.B. beim Ostseehochwasser 1995, teils geplant durch Wiedervernässungsprojekte wie das Naturschutzgroßprojekt „Peenetal-/Peenehaffmoor“ (1992-2009) und Kompensationsmaßnahmen für den Bau der Autobahn A20. Im Bild zu sehen ist die Mündung der Peene, im Hintergrund die Insel Usedom und die Reste der Karniner Brücke. Die Flächen im Vordergrund waren schwach entwässert und für Flachabtorfungen genutzt, heute sind sie wiedervernässt und Hotspots seltener Moorpflanzen. Die überstauten Flächen im Hintergrund sind der ehemalige Polder Immenstädt, in dem aufgrund der starken Entwässerung massiv Sackung und Torfzehrung auftraten, so dass nach Ende der Entwässerung große Flachwasserbereiche entstanden.

Ansprechpartner*innen an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Jürgen Kreyling, Dr. Franziska Tanneberger
Institut für Botanik und Landschaftsökologie
Soldmannstraße 15, 17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420-4131 oder -4137
kreylinguni-greifswaldde
tanneuni-greifswaldde

Ansprechpartner*innen an der Universität Rostock
Dr. Gerald Jurasinski, Prof. Dr. Florian Jansen
Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät
Justus-von-Liebig-Weg 6, 18059 Rostock
Telefon +49 381 498 3225
gerald.jurasinskiuni-rostockde
florian.jansenuni-rostockde

 

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