THEORIA fördert zehn geistes- und sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte an der Universität Greifswald

Wissenschaftsministerin Birgit Hesse überreicht die Förderbescheide an die Greifswalder Projektvorsitzenden. Foto: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern

Mit dem THEORIA-Wettbewerb stärkt das Land Mecklenburg-Vorpommern im Zeitraum 2017 bis 2020 explizit Grundlagenforschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Namensgeber des Wettbewerbs ist der Altphilologe Kurt von Fritz, welcher als einziger deutscher Professor im Jahr 1934 den Eid auf Adolf Hitler verweigerte, da dies für ihn nicht mit der Freiheit der Forschung vereinbar war. „Geistes- und Sozialwissenschaften helfen uns, die Welt besser zu verstehen. Sie analysieren die menschliche Geschichte, Gesellschaft und Kultur in Vergangenheit und Gegenwart und eröffnen uns dadurch neue Perspektiven“, sagt Wissenschaftsministerin Birgit Hesse. „Gerade diese Projekte erfordern eine freien Geist und ungehemmten Forscherdrang – so wie ihn Kurt von Fritz uns vorlebte. Zu seinen Ehren und unter seinem Namen übergebe ich heute die THEORIA-Förderbescheide.“

Die Greifswalder THEORIA-Gewinner stammen aus den Bereichen Theologie, Kunstgeschichte, Pädagogik, Philosophie, Politikwissenschaft und den Sprachwissenschaften. Insgesamt konnten zwei Promotions-, fünf Postdoc- und sieben Professorenstipendien eingeworben werden. Für die drei Förderformate Promotions-, Postdoc- und Professorenstipendium gingen insgesamt 49 Anträge ein. Neben den zehn Projekten an der Greifswalder Universität werden auch 15 Projekte an der Universität Rostock und zwei an der Hochschule für Musik und Theater Rostock mit insgesamt 2,5 Millionen Euro unterstützt. Die zweite Ausschreibungsrunde des THEORIA-Wettbewerbs findet im Herbst 2018 statt. Der Bewerbungszeitraum liegt zwischen dem 1. August und dem 30. September und eine Förderung ist ab dem Sommersemester 2019 möglich.


Die Greifswalder THEORIA-Projekte


Prof. Amei Koll-Stobbe betreut in einem Verbundprojekt bestehend aus Promotions-, Postdoc- und Professorenstipendium das Thema Mehrsprachigkeitsforschung als diskursive Linguistik. Das Feld der Sprachkontaktforschung ist gesellschaftlich hoch relevant, da Mehrsprachigkeit und Kulturtransfer von meist populistischen Bevölkerungsteilen in Europa als Bedrohung angesehen wird. Mit dem Verbundprojekt wird am Lehrstuhl für Englische Sprachwissenschaft die Forschungsarbeit der letzten Jahre zur diskursiven Sprachkontaktforschung weitergeführt. Neben der Förderung von Nachwuchswissenschaftlern dient das Verbundprojekt auch zur theoretischen Weiterentwicklung einer diskursiven Ausrichtung der Linguistik, für welche sich Prof. Koll-Stobbe schon in mehreren Werken verdient machte.


Das Verbundprojekt „Die Malerei der Romantik in Nordeuropa in ihren transkulturellen Bezügen und Rezeptionen“ ist dem Greifswalder Forschungsschwerpunkt „Kulturen des Ostseeraums“ zuzuordnen und unterstreicht ebenfalls die große Bedeutung der fachübergreifenden Romantikforschung. Der Kunsthistoriker Prof. Kilian Heck übernimmt die Gesamtkoordination. Im Promotionsprojekt wird  die Sammlung Müller im Pommerschen Landesmuseums erforscht. Das Postdoc-Projekt beschäftigt sich mit der Künstlerkolonie Schwaan und dem Einfluss  des Landschaftsmalers und Kunstlehrers Theodor Hagen auf die Schwaaner Malergemeinschaft. Kooperationspartner ist hier die Stadt Schwaan. Prof. Hecks Professorenstipendium zeichnet die transnationalen Verbindungen zwischen Malern der Romantik nach und mündet in einer Monographie. Hierzu sind Forschungsaufenthalte in Kopenhagen, Oslo und London geplant.


Das politikwissenschaftliche Projekt „Politik des ländlichen Raums: Gestaltungsmöglichkeiten und Gestaltungswillen am Beispiel der Agrarpolitik“ ist von Prof. Jochen Müller eingeworben worden und zählt zum interdisziplinären Forschungskonsortium „Think rural“. Im Vorhaben wird die Herausforderung an ländliche Räume und staatliche Gestaltungsmöglichlichkeiten am Beispiel der Agrarpolitik beleuchtet. Es lassen sich deutliche Unterschiede zwischen den deutschen Bundesländern finden und das Projekt zielt darauf ab, Faktoren zu identifizieren, welche die unterschiedlichen Sicht- und Verhaltensweisen von politischen Akteuren auf Bundesländerebene erklären können.


Prof. Christfried Böttrich konnte ebenfalls ein Postdoc-Stipendium einwerben. Am Lehrstuhl für Neues Testament wird sich in einer literaturgeschichtlichen Studie mit der Gesamtform des Lukasevangeliums beschäftigt. Das Hauptaugenmerk liegt in der Untersuchung der Bedeutung des Trennungsprozesses von Juden und Christentum im 1. Jahrhundert für die literarische Form der Evangelien, deren literarische Einordnung und der Frage nach deren Vorbildern. Aus der Beantwortung dieser Fragestellungen ergeben sich weitreichende Konsequenzen für das Verständnis der Evangelien als identitätsstiftende Werke.

Am Lehrstuhl für Theoretische Philosophie von Prof. Geo Siegwart ist das zweijärige Post-Doc-Projekt „Logik des Fragens: Zur Reglementierung des interrogativen Vollzugs“ angesiedelt. Das Erkenntnisgeschehen kann zwanglos als das Beantworten von Fragen gedeutet werden. Während das Antworten gut untersucht ist, wird das Fragen weitgehend vernachlässigt. Das Vorhaben ziel darauf, an der Behebung dieses Missstands mitzuwirken. Dabei kann auf eine konstruktiv-pragmatische Auffassung des Erkennens zurückgegriffen werden.


Der Theologieprofessor Heinrich Assel wird durch ein Professorenstipendium Forschungsaufenthalte an der Princeton University, der Northwestern University Evanston in Chicago und dem Cohen-Archiv Zürich durchführen. Dadurch werden Assels Forschungsergebnisse aus einer vergleichenden Fallstudie von drei Religionstheorien (Renaissance, Luther Renaissance, Dialektische Theologie) mit anderen internationalen Experten diskutiert und dann in einer Monographie und einem Konferenzband münden.


Prof. Stefan Beyerle beschäftigt sich mit der religiösen Welt der Prophetie und identifiziert und deutet basale Weltanschauungen und -interpretationen der ältesten hebräischen Prophetie im Kontext apokalyptischer Traditionen. Dem Lehrstuhlinhaber Altes Testament werden durch das Professorenstipendium Forschungsaufenthalte an der Yale Divinity School und am Department of Theology an der Uppsala Universitet ermöglicht.


Mit christlichen Endzeitvorstellungen im 18. und 19. Jahrhundert befasst sich Prof. Thomas Kuhn und baut dabei auf seine vorherigen international sichtbaren Forschungsergebnisse auf. Neben dem deutschsprachigen Raum wird insbesondere auf die englischen und US-amerikanischen Erweckungsbewegungen eingegangen und zum Abschluss des Professorenstipendiums wird ein Werk Geschichte des Chiliasmus stehen. Dazu sind Archivreisen innerhalb Deutschlands und in die Schweiz geplant.


Ein Professorenstipendium erhält auch Prof. Andreas Pehnke und damit wird seine 24-jährige Forschungs- und Lehrleistung an der Greifswalder Universität bedacht. Der Bildungswissenschaftler wird durch die Förderung eine dreibändige Biographie- und Werkedition über das reformpädagogische und schriftstellerische Schaffen von Willy Steiger umsetzen. Band 1 beinhaltet eine wissenschaftliche Biographie, der 2. Band setzt sich mit Steigers Antikriegsliteratur auseinander und der abschließende 3. Band dokumentiert und kommentiert die Praxisberichte des Reformpädogogen.


Der Sprachwissenschaftler Prof. Jürgen Schiewe erweitert durch ein Professorenstipendium seine bisherigen Arbeiten zur linguistischen Sprachkritik. Durch die systematische Sammlung von Schriften der linguistischen Sprachkritik mit Meilensteincharakter und dem Nachzeichnen der erkenntistheoretischen und methodischen Entwicklung dieser sprachwissenschaftlichen Teildisziplin, wird ein weiteres Grundlagenwerk des ausgewiesene Experten der linguistischen Sprachkritik ermöglicht.


Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Björn Buß
Zentrum für Forschungsförderung und Transfer
Wollweberstraße 1
17489 Greifswald
Telefon 03834 86 1185
bjoern.buss@uni-greifswald.de

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